Elfenbeinküste: Wie sehr mischt sich Frankreich ein?
Frankreich kämpft in Afrika derzeit gleich an zwei Fronten: In Libyen und in der Elfenbeinküste. Dabei hatte Präsident Sarkozy Verwicklungen in afrikanische Konflikte eigentlich vermeiden wollen.
05.04.2011
Von Ulrike Koltermann

Es ist noch nicht lange her, dass Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy die französische Militärpräsenz in Afrika deutlich verringern wollte. Afrika solle seine Probleme selber lösen, lautete das Motto. Nun hat Frankreich innerhalb weniger Wochen gleich zwei afrikanischen Fronten eröffnet: erst in Libyen, auf eigenes Betreiben, dann in der Elfenbeinküste, eher widerwillig und an der Seite der UN-Mission.

In Libyen ist die Situation überschaubar: Sarkozy wollte sich in der Hoffnung auf einen schnellen Erfolg an die Spitze der internationalen Koalition gegen Diktator Muammar al-Gaddafi stellen. In der Elfenbeinküste ist die Lage wesentlich komplexer. Paris und Abidjan verbindet eine lange gemeinsame Geschichte.

Die Franzosen haben sich aus ihrer ehemaligen Kolonie nie ganz zurückgezogen: Sie machen dort gute Geschäfte, die französische Armee hatte immer einen Stützpunkt im Land, um die eigenen Landsleute - und Wirtschaftsinteressen - zu schützen. 2002 stellte sich die französische Armee sogar zwischen die Fronten, um den damaligen Präsidenten Laurent Gbagbo vor den Rebellen aus dem Norden zu schützen.

Sarkozy wollte Verstrickungen aufdröseln

Zwei Jahre später kam es zum Eklat: Gbagbos Armee bombardierte im November 2004 ein Militärlager der Franzosen, dabei kamen neun französische Soldaten ums Leben. Die französische Armee zerstörte daraufhin Gbagbos Luftwaffe, es kam zu massiven antifranzösischen Ausschreitungen, etwa 8000 Franzosen flohen aus dem Land. Zu Spitzenzeiten hatte Frankreich mehr als 5000 Soldaten in dem afrikanischen Land im Einsatz.

Als Sarkozy ins Amt kam, wollte er die postkoloniale Verstrickung seines Landes in Afrika aufdröseln. "Die Zeiten haben sich geändert, Frankreich sollte nicht mehr den Gendarmen Afrikas spielen", sagte er 2008 bei einem Besuch in Südafrika. Alle bislang geheimen Militärabkommen - oft eine Art Lebensversicherung für langgediente afrikanische Staatschefs - sollten überarbeitet und komplett veröffentlicht werden.

Auch die Zahl der Militärstützpunkte sollte reduziert werden: Aus Abidjan wurde ein Großteil der französischen Soldaten wieder abgezogen. Frankreich setzte sich dafür ein, dass eine UN-Mission ins Land kam, behielt aber trotzdem ein eigenständiges Kontingent mit 900 Mann namens "Einhorn". Dieses sollte die UN-Truppen unterstützten, aber nebenher auch - genau wie früher - speziell die französischen Interessen schützen.

Haben französische Militärs Ouattara geholfen?

Offiziell zeigt sich Frankreich derzeit höchst zurückhaltend. Die französische Regierung will alles vermeiden, was nach postkolonialer Einmischung aussieht, und legt großen Wert darauf, dass die Franzosen nur im Rahmen des UN-Mandats vorgehen. Es gehe lediglich darum, die schweren Waffen zu zerstören, mit denen Gbagbo gegen Zivilisten vorgehe, betonte der Elysée.

Inoffiziell wird allerdings vermutet, dass die Truppen des international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara durchaus auch von französischer Militärhilfe profitiert haben könnten. "Es sieht ganz danach aus, dass französische Militärs den Anhängern von Ouattara geholfen haben, ihre Offensive zu planen", zitiert die regierungsnahe Zeitung "Le Figaro" einen Afrika-Experten. "Die beiden Konfliktparteien haben es also geschafft, Paris wieder in die Krise der Elfenbeinküste hineinzuziehen", resümiert das Blatt. 

dpa