UN greifen in Schlacht um Abidjan ein
Machtkampf in der Elfenbeinküste: Die Einheiten des Wahlsiegers Alassane Ouattara rückten am Montagabend mit Unterstützung ausländischer Kräfte in Abdjan vor.

UN-Chef Ban Ki Moon hat wegen der eskalierenden Gewalt gegen Zivilisten in der Elfenbeinküste Angriffe von Blauhelmen der Vereinten Nationen auf Stellungen des abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo angeordnet. Das geht aus einer Erklärung hervor, die Ban am Montagabend in New York herausgab. "Ich habe die Mission angewiesen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Einsatz von schweren Geschützen gegen die Zivilbevölkerung zu verhindern", teilte Ban mit.

Die Truppen des Gewinners der Präsidentenwahlen, Alassane Ouattara, haben nach eigenen Angaben die Residenz Gbagbos unter ihre Kontrolle gebracht. Dies sagte eine Sprecherin Ouattaras, Anne Oulouto, der Nachrichtenagentur dpa am späten Montagabend. Ouattaras Streitkräfte seien in die Residenz eingedrungen, sagte sie. Die Umgebung der Residenz werde durchsucht. Sie liegt im Stadtteil Cocody im Osten der Wirtschaftsmetropole Abidjan. Der Präsidentenpalast ist in Plateau im Süden Abidjans. Die Residenz war eines Hauptziele der Angriffe der Truppen Ouattaras. Über den Aufenthaltsort Gbagbos war nichts Genaues bekannt. .

Ouattaras Sprecher Patrick Achi sagte dem US-Nachrichtensender CNN am späten Montagabend, er sei zu 80 Prozent sicher, dass Gbagbo im Präsidentenpalast sei. Er werde vielleicht schon am Dienstag gefangengenommen. Die neue Regierung werde möglicherweise den Internationalen Strafgerichtshofs einschalten, um Gbagbo den Prozess zu machen.

Hubschrauber greifen Gbagbo-Stellungen an

Die ausländischen Militärhubschrauber hätten unter anderem ein Militärlager der Gbagbo-Truppen unter Beschuss genommen, berichteten französische Medien. Der Elysée Palast bestätigte, dass französische Truppen an Angriffen der UN-Mission gegen die Soldaten von Gbagbo beteiligt sind. Präsident Nicolas Sarkozy habe in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zugesichert, dass die französische Armee bereit sei, die schweren Waffen zu zerstören, mit denen Gbagbos Anhänger gegen die Zivilbevölkerung vorgingen. Mindestens zwei französische Staatsbürger wurden in Abidjan entführt.

Augenzeugen in der Wirtschaftsmetropole des Landes berichteten am frühen Montagabend von heftigen Feuergefechten und dem Einsatz schwerer Artillerie. "Wir werden dieses Bombardement nicht überleben", klagte verzweifelt eine Frau, die nahe eines Militärcamps wohnt. "Bevor wir uns unter dem Bett versteckten, habe ich aus dem Fenster den Feuerball einer Explosion und schwarzen Rauch am Himmel gesehen." Bereits seit Tagen hatten die meisten der rund vier Millionen Einwohner der größten Stadt des Landes wegen der Kämpfe ihre Häuser nur in Notfällen verlassen.

Ouattaras designierter Ministerpräsident, der ehemalige Rebellenführer Guillaume Soro, hatte schon in einem Interview des französischen Fernsehsenders TCI angekündigt, dass die seit Tagen umkämpfte Hafenstadt "reif für eine Schnelloffensive" sei. Die Truppen des noch amtierenden Präsidenten Gbagbo seien "in Panik".

Gbagbo war im vergangenen November abgewählt worden. Er weigert sich aber, die Macht über sein Land abzutreten. Obwohl Ouattaras Republikanische Truppen (FRCI) Abidjan seit Tagen umzingelt haben, hielt der Widerstand der Gbagbo-Truppen an. Ouattaras Truppen kontrollieren außerhalb Abidjans den größten Teil des westafrikanischen Landes.

Aus Sorge vor einer blutigen Entscheidungsschlacht brachten die Vereinten Nationen hunderte Mitarbeiter in Sicherheit. Das UN-Hauptquartier in Abidjan sei evakuiert worden, teilten die UN mit. Die Truppen Gbagbos hätten wiederholt UN-Gebäude in der Stadt mit Panzergranaten beschossen und dabei auch benachbarte Wohngebiete getroffen. Zwei Franzosen und drei andere Ausländer wurden am Montag von den Truppen Gbagbos in Abidjan entführt. Einer der Entführten ist nach Angaben der französischen Botschaft der französische Direktor eines Hotels nahe des Präsidentenpalasts.

Wer steckt hinter dem Blutbad in Duékoué?

Weiter unklar blieben die Hintergründe des Blutbades in Duékoué im Westen der Elfenbeinküste. Die Hilfsorganisation Caritas sprach am Wochenende von einem "Massaker" mit 1.000 Toten. Das Internationale Rote Kreuz (IRK) hatte am Donnerstag die Toten auf den Straßen des Ortes gefunden. Nach IRK-Angaben seien etwa 800 Menschen vermutlich am Dienstag getötet worden, einen Tag nach dem Einmarsch von Ouattaras Truppen.

Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Flüchtlinge im Land auf insgesamt eine Million. Aus Sorge um die mehr als 12.000 Franzosen in der Elfenbeinküste beschloss Paris weitere Maßnahmen zu ihrem Schutz. "Es handelt sich um keine allgemeine Evakuierung, sondern eher um eine Sicherung", sagte der französische Botschafter in der Elfenbeinküste, Jean-Marc Simon, dem TV-Sender BFM. Alle Landsleute würden an sichere Orte gebracht, betonte das Verteidigungsministerium in Paris. Die in dem westafrikanischen Staat stationierten 1.500 französischen Soldaten werden den Angaben nach um weitere 150 Mann verstärkt.

Etwa 30 Deutsche befinden sich nach Schätzung des Auswärtigen Amts in Berlin noch in dem krisengeschüttelten Land. Die meisten der ursprünglich rund 200 Bundesbürger hätten das Land inzwischen verlassen, sagte eine Sprecherin in Berlin der Nachrichtenagentur dpa. Auch die UN-Mission in Abidjan evakuierte am Montag zahlreiche Zivilangestellte aus der umkämpften Stadt.

Die Bevölkerung Abidjans leidet immer stärker unter Unsicherheit, Lebensmittelknappheit und Plünderungen. UN-Vertreter zeigten sich tief besorgt über die zunehmende humanitäre Krise und appellierten an die Konfliktparteien, ihnen Zugang zu notleidenden Einwohnern zu ermöglichen.

dpa