Taufstätte im Minenfeld: Israel will Taufstelle Jesu für Pilger öffnen
Kasr al-Jahud am westlichen Ufer des Jordan bei Jericho ist aus israelischer Sicht der offizielle Pilgerort für die überlieferte Taufstelle Jesu. Aber Kasr al-Jahud liegt im Westjordanland, im militärischen Sperrgebiet, und ist nur beschränkt zugänglich. Das soll sich ändern: Ab Ende April soll die Taufstelle ständig geöffnet sein.
04.04.2011
Susanne Knaul

Die junge Familie steht direkt am Ufer des Jordan in Kasr al-Jahud. In dieser Gegend soll den biblischen Berichten zufolge Johannes der Täufer einst Jesus getauft haben. Der Vater bückt sich, streckt die Hand in den Fluss und legt sie anschließend auf die Stirn seiner noch kleinen Kinder, die ihm seine Frau eins nach dem anderen reicht. Die Stimmung ist aufgewühlt und fröhlich. "Das hier ist keine Taufe", schüttelt der Vater den Kopf, denn die Kinder seien ja schon in der Kirche getauft worden. "Das Wasser soll sie segnen, ihnen Glück und Gesundheit bringen."

Die Taufstelle Jesu ist bislang militärisches Sperrgebiet

Kasr al-Jahud am westlichen Ufer des Jordan bei Jericho ist aus israelischer Sicht der offizielle Pilgerort für die überlieferte Taufstelle Jesu. Auf der gegenüberliegenden jordanischen Seite des Flusses ist es Bethanien. Selbst die Evangelisten waren sich uneins darüber, an welcher Stelle genau Jesus getauft wurde, der Jordan ist hier nur rund sechs Meter breit. Aber Kasr al-Jahud liegt im Westjordanland, im militärischen Sperrgebiet, und ist nur beschränkt zugänglich. Das soll sich ändern: Ab Ende April soll die Taufstelle ständig geöffnet sein.

Noch knapp vier Wochen bleiben den Bauarbeitern, um die Zufahrt für den Ansturm der Pilger herzurichten. Die Männer auf den Schaufelbaggern und Walzen müssen sich ranhalten, denn dort, wo gleich nach Ostern ein Eingangstor, Parkmöglichkeiten und vielleicht noch ein paar Grünpflanzen die künftigen Gäste in Empfang nehmen sollen, ist heute noch eine schmale Asphaltstraße, die rechts und links von Stacheldraht begrenzt wird.

Einzelne Touristen trotzen schon jetzt dem Minenfeld

Die militärische Sperrzone beginnt nur wenige Kilometer hinter Jericho in Richtung Jordanien. Schilder warnen vor Minen, die kilometerweit entlang der Grenze verlegt wurden. Dem militärischen Umfeld und der Minengefahr zum Trotz kommen schon jetzt immer mehr Besucher. Busse werden aber nur nach Absprache mit der israelischen Naturschutzbehörde bis zum Jordan herangelassen.

Saar Kfir ist seit elf Jahren für die Taufstelle zuständig. "Wenn mehr Touristen herkommen, dann gehen sie anschließend auch nach Jericho und nach Jerusalem", hofft er. "So haben beide Seiten, die Israelis und die
Palästinenser etwas davon." Hamdan Taha, der im palästinensischen Tourismusministerium für das kulturelle Erbe und Archäologie zuständig ist, sieht das anders: "Die Palästinenser haben gar keinen Zugang zu der Taufstelle", schimpft er. "Das Gebiet gehört zu Palästina". Deshalb werde auch "die Kontrolle darüber früher oder später an uns fallen". 

Soldaten auf Abstand

1967 besetzte Israel im Sechstagekrieg das Westjordanland und damit auch die Region rings um die überlieferte Taufstätte. Der Bereich gehört zur "C-Zone", dem Gebiet also, das Israel sowohl militärisch als auch administrativ kontrolliert. Pilgergruppen war zwar später der Zugang grundsätzlich möglich, allerdings nur in Absprache mit der militärischen Verwaltung und gewöhnlich zu den christlichen Feiertagen, drei Mal im Jahr. 1999 entschied die Armee im Rahmen der Millenniumsvorbereitungen, die Taufstätte schrittweise zu öffnen.

Im Fluss selbst trennt bei Kasr al-Jahud nur eine schmale Wand das Westjordanland von Jordanien. Überall sonst wird die Grenze ungleich strenger bewacht. Auf beiden Seiten des Jordans sind hier jeweils nur zwei Soldaten im Einsatz.

Die Pilger bekommen Anweisungen per Megaphon

Als die Pilger kommen, der Vater seine kleinen Kinder mit Jordanwasser benetzt, gehen die beiden Wachsoldaten auf diskreten Abstand. Es wird gesungen und gemeinsam gebetet. Durch ein Megaphon gibt der Gruppenleiter den Pilgern aus dem arabisch-israelischen Dorf Imrar, in der Nähe von Tiberias, Anweisungen, wann sie sich wieder am Bus einfinden müssen.

Gegenüber steigen derweil zwei Italiener in weißen, knielangen Kitteln in den Fluss und tauchen komplett unter. Nach den heftigen Regenfällen ist das Wasser zwar vergleichsweise sauber, dafür aber aufgewühlt und schlammig. Südlich vom See Genezareth lassen Israel und Jordanien das ungeklärte Abwasser direkt in den Jordan fließen.

Vor 2000 Jahren dürfte der Fluss sauberer gewesen sein. Bis zu den Ostertagen, so verspricht Naturschützer Kfir, sollen wenigstens auf der Westseite der Taufstelle noch Duschgelegenheiten errichtet werden.

epd