taz-Recherche: Zeitungen verkaufen Berichterstattung
Einige deutsche Zeitungen bieten nach einem Bericht der Berliner "tageszeitung" (taz) Unternehmen an, gegen Bezahlung auf Umfang und Themenwahl ihrer Berichterstattung Einfluss zu nehmen. Das habe eine verdeckte Recherche der "taz" ergeben, teilte die Zeitung am Freitag mit. Dabei hatte sich einer ihrer Reporter in Gesprächen mit Verlagsmitarbeitern als Vertreter einer Werbeagentur ausgegeben und nach einem "geeigneten Umfeld" für Anzeigen gefragt. Daraufhin hatten ihm mehrere Verlagsmitarbeiter in Kundengesprächen Zusagen bezüglich einer umfangreichen Berichterstattung gemacht.

Nach Angaben der taz bot ein Mitarbeiter der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" für den Preis von 177.500 Euro eine vierseitige anzeigenfreie Beilage zum Thema Banken an, in der Finanzunternehmen über ihren Umgang mit der Finanzkrise informieren könnten. Für das Magazin "Reise Extra" sei für gut 30.000 Euro pro Seite ein Paket aus Anzeigen und einem PR-Text in Aussicht gestellt worden. Ein WAZ-Sprecher sagte dazu der taz: "In unseren Verlagssonderveröffentlichungen können nur Anzeigen gekauft werden, keine Texte."

Auch bei der "Frankfurter Rundschau" habe man dem Reporter eine redaktionelle Seite zum Thema Anlagemöglichkeiten im Ausland angeboten, teilt die taz mit. Die FR-Chefredaktion habe eine Anfrage zum Thema Trennung von Redaktion und Anzeigengeschäft nicht beantwortet.

Von WAZ bis ND

Beim "Neuen Deutschland" (ND) sagte man dem verdeckt recherchierenden Reporter, es gebe redaktionelle Beiträge, die sich der Verlag über "Produktionskostenzuschüsse" bezahlen lasse. ND-Chefredakteur Jürgen Reents teilte der taz mit, die Zeitung lege großen Wert auf die Trennung von Anzeigen und redaktionellen Texten.

Die fraglichen Seiten sollten nach Angaben der taz mit Begriffen wie "Verlagssonderveröffentlichung", "Anzeigensonderveröffentlichung" und "Beilage" gekennzeichnet werden. Eine bezahlte Veröffentlichung muss nach den Landespressegesetzen deutlich mit dem Wort "Anzeige" gekennzeichnet werden, "soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist".

Nach Angaben der taz war der Reporter an zehn deutsche Verlagshäuser herangetreten. Der Ausdruck "geeignetes Umfeld" gelte in der Branche als Codewort für Schleichwerbung. Mehrere Verlage hätten es abgelehnt, sich auf "irgendwelche Koppelkisten" einzulassen. Es gab auch ablehnende Bescheide: Der Spiegel und das Handelsblatt beispielsweise ließen sich nicht auf die Koppelgeschäfte ein.

epd