FDP-Spitze entscheidet Dienstag über neuen Parteichef
Die FDP-Spitze will einem Zeitungsbericht zufolge schneller als geplant über die Nachfolge von Parteichef Guido Westerwelle entscheiden. In der Partei läuft fast alles auf Gesundheitsminister Rösler als Nachfolger zu.

Die ursprünglich für Montag kommender Woche vorgesehene gemeinsame Sitzung von Präsidium und Landesvorsitzenden werde um sechs Tage vorverlegt, berichtete die "Bild"-Zeitung (Montagausgabe). Das Treffen werde nun schon am Dienstag dieser Woche stattfinden, hieß es unter Berufung auf Parteikreise. Anschließend solle der Bundesvorstand tagen und ebenfalls ein Votum abgeben. Mit den Terminänderungen solle schnell Klarheit geschaffen und verhindert werden, dass die Partei eine weitere Woche mit Personalspekulationen und Querelen beschäftigt sei, hieß es.

FDP-Spitze berät über Westerwelle-Nachfolge

Nach der Rückzugsankündigung von FDP-Chef Guido Westerwelle kommt an diesem Montagmorgen das Parteipräsidium zusammen, um über die Nachfolge zu beraten. Westerwelle will beim Parteitag Mitte Mai in Rostock nicht erneut für den Vorsitz kandidieren.

Erwartet wird, dass bei der Sitzung in der FDP-Zentrale in Berlin bereits die Weichen für die neue Parteiführung gestellt werden. Favorit für den FDP-Vorsitz ist Gesundheitsminister Philipp Rösler. Unklar ist jedoch, ob der 38-Jährige im Fall seiner Wahl ein anderes Ministerium übernehmen will. Ein weiterer möglicher Nachfolgekandidat ist FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Eine Übergangslösung mit der 59-Jährigen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gilt dagegen als unwahrscheinlich.

FDP Sachsen: Nicht hinter Westerwelle verstecken

Auch nach Westerwelles Rückzugsankündigung verstummten nicht die Forderungen nach weiteren personellen Konsequenzen. Der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte im ZDF: "Es kann nicht nur bei der Position des Bundesvorsitzenden bleiben." Erneut nannte er dabei die Bundestagsfraktionsvorsitzende Birgit Homburger.

"Es geht nicht bei einer Partei, die in der Regierung ist, dass sich alle hinter dem Vorsitzenden verstecken", sagte der sächsische FDP-Landesvorsitzende Holger Zastrow am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Die FDP-Fraktion in Berlin trage mit Schuld daran, dass die Wähler die Partei abgestraft hätten, "und auch das Bundespräsidium bestehe aus mehreren Persönlichkeiten". Bereits am Montagabend hatte er in einer Erklärung erklärt, Westerwelle zeige "eine menschliche Größe, die andere FDP-Spitzenpolitiker bislang vermissen lassen, obwohl sie mit ihrer stark verbesserungswürdigen Leistungsbilanz selbst eine große Mitverantwortung an der derzeitigen Lage der FDP haben".

Zastrow sprach sich zugleich für Bundesminister Philipp Rösler als Westerwelles Nachfolger aus. Dieser habe bereits langjährig Führungsverantwortung gezeigt und mache "eine auffällige Politik". Ein neuer Parteivorsitzender solle allerdings nicht "in irgendwelchen Hinterzimmern" bestimmt werden, sondern Mitte Mai auf dem Bundesparteitag in Rostock, sagte Zastrow.

"Generationswechsel" mit Rösler?

Nach schweren Niederlagen bei den Landtagswahlen und tagelangem Machtkampf waren immer mehr FDP-Politiker vom Parteichef Westerwelle abgerückt. Am Sonntag kündigte er dann seinen Rückzug an und begründete ihn mit der Notwendigkeit eines Generationswechsel. Der 49-Jährige will aber Außenminister bleiben. Offen ließ Westerwelle, ob er am Amt des Vizekanzlers festhalten will.

Rösler ließ am Sonntagabend mitteilen: "Die FDP hat Guido Westerwelle viel zu verdanken. Deshalb ist es gut, dass er auch künftig als Außenminister die Politik in Deutschland prägen wird."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, sprach sich für Rösler als Vorsitzenden aus. "Er hat deutlich gemacht, dass es nicht nur um eine personelle Neuaufstellung geht, sondern vor allem um die Inhalte", sagte der FDP-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, der "Schweriner Volkszeitung" (Montag). Kubicki sagte im ZDF, Rösler als Minister habe "die größere politische Erfahrung als Lindner".

Der FDP-Vorstand und bayerischer Wirtschaftsminister Martin Zeil warnte im Berliner "Tagesspiegel" (Montag) die Partei davor, sich inhaltlich völlig neu zu positionieren. "Wir dürfen jetzt auch nicht alles über Bord werfen, wofür wir gewählt wurden."

SPD fordert Brüderles Rücktritt

Unterdessen wird in der SPD-Fraktion der Rücktritt von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wegen der Protokollaffäre um seine Atom-Beichte gefordert. Brüderle steht auch parteiintern unter Druck wegen seiner angeblichen Andeutung beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dass die Atomwende der Koalition wahlkampfbedingt gewesen sei.

Der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy wies darauf hin, dass der wegen des Protokolls zurückgetretene BDI-Geschäftsführer Werner Schnappauf nur von einer Indiskretion, nicht aber einem falschen Protokoll gesprochen habe. Für Edathy hat Brüderle also vor dem Bundestag gelogen, als er ausführte, er sei im BDI-Protokoll falsch wiedergegeben worden. Edathy will das am Mittwoch im Bundestag zur Sprache bringen, wie er in der "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe) ankündigte.

dpa