Anti-Koran-Pastor wird zum Problem für Obama
Der Überfall eines afghanischen Mobs auf die UN-Botschaft in Masar-i-Sharif in Afghanistan wirft ein Schlaglicht auf den Umgang mit dem Islam in den USA. Die amerikanischen Medien waren allerdings nicht diejenigen, die die Koranverbrennung von Pastor Terry Jones öffentlich machten - es war der pakistanische Präsident, der den Vorfall ans Licht der islamischen Öffentlichkeit brachte.
02.04.2011
Von Frank Brandmaier

Es klang nach frischem Optimismus, als der US-Oberkommandeur in Afghanistan dem Kongress seine jüngste Lageeinschätzung präsentierte. Bedeutende Fortschritte sehe er, erklärte General David Petraeus erst Mitte März. Daher unterstütze er den vom US-Präsidenten Barack Obama geplanten Beginn des Truppenabzugs von Juli an. Aber die jüngsten blutigen Tumulte nach der Koranverbrennung des bizarren US-Pastors Terry Jones zeigen: Der Waffengang am Hindukusch und das heikle Verhältnis zur islamischen Welt sind für die USA nach wie vor ein gefährliches Pulverfass.

Pakistans Präsident brachte die Koranverbrennung ans Licht

Diesmal stellt sich jedoch auch die Frage, wer eigentlich die Lunte gelegt und den Funken geliefert hat. Denn nicht nur Amerikas Medien schwiegen beinahe einhellig über die Aktion des Predigers aus Florida, als dieser am 20. März dem Koran "den Prozess machte" und die heilige Schrift "für schuldig befunden wurde". "Religionsführer, Spitzenpolitiker und jene Horden von Reportern, die vergangenen Herbst über Jones berichteten, gaben kaum einen Laut", notierte die "Washington Post".

Stattdessen, unterstreichen US-Medien, war es erst der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari und dann Afghanistans Präsident Hamid Karsai, die den Vorfall ins grelle Licht der Öffentlichkeit zerrten. Zardari sprach von einem "ernsten Rückschlag" für die zivilisierte Welt. Karsai indes verurteilte am Donnerstag die Aktion in einer Rede und forderte die Festnahme des Predigers. Einen Tag später dann, schreibt die "New York Times", wurde die Verbrennung zum Thema während der Freitagsgebete landauf landab in Afghanistans Moscheen - mit den bekannten Folgen.

"Karsais Rede war es, die die Leute zu den Aktionen aufgestachelt hat", zitiert die renommierte Zeitung einen prominenten afghanischen Geschäftsmann ohne Namensnennung. "Karsai hätte die Menschen eher zur Geduld aufrufen sollen, statt sie noch wütender zu machen."

US-Regierung hatte Jones schon einmal abgehalten

Die Obama-Regierung weiß, dass sie sich trotz ihrer demonstrativ ausgestreckten Hand in Richtung der islamischen Welt weiterhin auf dünnem Eis bewegt. Die deutliche Zurückhaltung Washingtons beim Feldzug gegen den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi rührt nach Meinung vieler vor allem daher, dass die USA bereits in zwei Kriege in muslimischen Ländern verstrickt sind. Und jüngst an die Öffentlichkeit geratene Fotos von US-Soldaten, die sich in Afghanistan lächelnd mit ihren getöteten Opfern ablichten ließen, machen Obamas Job auch nicht eben leichter.

Vor einem halben Jahr hatte die massive Intervention der US-Regierung den Prediger aus Florida von der Koran-Verbrennung abgebracht. Locker ließ der selbst ernannte Gottesmann deshalb nicht. Alle paar Tage suchte er in den vergangenen Monaten mit bizarren Pressemitteilungen das Rampenlicht - und stieß bei den Medien wie auch Kirchenführern auf eisige Ablehnung. Jetzt scheint Jones sein Ziel erreicht zu haben. Die Folgen, fürchtet die "Washington Post", "könnten in der gesamten muslimischen Welt widerhallen".

dpa