TV-Tipp des Tages: "Die Minensucherin" (ZDF)
Die ersten Opfer des Krieges sind die Kinder. Diese Erfahrung muss auch Nina machen, eine Bauingenieurin und Berufschullehrerin (Christine Neubauer), die ihren Urlaub als Entwicklungshelferin in Afrika verbringt.
01.04.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Die Minensucherin", 4. April, 20.15 Uhr im Zweiten

Unter den vielen widerlichen Möglichkeiten, einen Krieg zu führen, ragen Landminen als eine besonders unmenschliche Form noch heraus: weil sie ihre Opfer in der Regel nicht töten, sondern bloß schwer verletzen. Besonders ekelhaft sind die Varianten, deren sichtbare Form die Neugier weckt. Die Verkrüppelungen gerade der Kinder sollen den Feind demoralisieren. Das Thema stand vor Jahren schon einmal im Mittelpunkt eines Fernsehfilms: In einem "Tatort" ("Minenspiel", 2005) starben die Opfer mitten in Köln. Das ZDF-Drama "Die Minensucherin" geht dahin, wo auch die meisten Minen liegen: nach Angola.

Schon "Minenspiel" legte eine Variation der bekannten Erkenntnis nahe, das erste Opfer des Krieges sei die Wahrheit: Die ersten Opfer sind die Kinder. Diese Erfahrung muss auch Nina machen, eine Bauingenieurin und Berufschullehrerin (Christine Neubauer), die ihren Urlaub als Entwicklungshelferin in Afrika verbringt. Als vor ihren Augen ein Mädchen, das sie gerade erst ins Herz geschlossen hatte, auf eine Mine tritt, verdingt sich Nina als Minensucherin, um das Trauma zu verarbeiten.

Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Menschen gegen Minen

Da die Regie dem in diversen Charlotte-Link-Verfilmungen geschulten Thriller-Spezialisten Marcus O. Rosenmüller übertragen wurde, funktioniert auch die Kombination aus Spannungsmomenten und den fast dokumentarischen Passagen, wenn Hannes Jaenicke als Ausbilder das Anliegen des Drehbuchs (Rosenmüller sowie Susanne Beck und Thomas Eifler) vortragen muss; der Film ist in enger Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Menschen gegen Minen entstanden. Andererseits sind die Fakten so erschütternd, dass die Handlung selbst in diesen Momenten noch fesselt. Tatsache ist aber auch: Ohne Stars wie Jaenicke und Neubauer, für die diese Rolle durchaus ungewöhnlich ist, wäre das Projekt wohl nicht zustande gekommen. Und da zum Glück niemand darauf bestanden hat, dem Chef der Minensucher und seiner eifrigsten Schülerin eine Romanze anzuhängen, ist der Film in erste Linie Thriller.

Das beginnt schon mit dem Einstieg, als Nina während einer Minenräumung für einen kurzen Moment abgelenkt ist und auf eine der Erdodenbomben tritt. In Rückblenden erzählt der Film, was zuvor passiert ist. In kurzen Einschüben wird immer wieder an die Rahmenhandlung erinnert, so dass Rosenmüller eine gewisse Grundspannung aufrecht erhält. Geschickt ist auch die Einführung der Figuren. Nina und Mason, der professionelle Minensucher, begegnen sich schon früh, als sie ahnungslos mitten in ein Minenfeld stapft und sich über seinen ruppigen Rettungsversuch beschwert, weil sie keine Ahnung hat, wo sie sich befindet.

Das Empörungspotenzial der Handlung, und dann auch noch in Kombination mit der Hauptdarstellerin: Das hätte ein Film werden können, der vor lauter Botschaft und Pathos vergisst, dass Fernsehen auch unterhalten muss. Dank Rosenmüllers Inszenierung ist "Die Minensucherin" jedoch tatsächlich sehenswert. Ärgerlich bloß, dass auch in diesem Film alle fließend deutsch sprechen, der Südafrikaner Mason ebenso wie die kleinen und großen Angolaner.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).