TV-Tipp des Tages: "Tatort: Fakten, Fakten" (WDR)
Thiel und Pathologe Boerne haben zwar einen Mörder dingfest gemacht, aber ansonsten bloß einen Tatverdacht. Es gibt keine Leiche, keine Tatwaffe, kein Motiv.
31.03.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Tatort: Fakten, Fakten", 31. März, 20.15 Uhr im WDR

Spätestens mit ihrem zweiten Fall hatten sich die Herren Thiel und Boerne aus Münster vor neun Jahren als "Tatort"-Team etabliert. Mit dem Handlungsort hat das allerdings am wenigsten zu tun: Würde Kommissar Thiel (Axel Prahl) nicht gelegentlich durch die Stadt radeln, der Film "Fakten, Fakten..." könnte überall spielen. Das werden allerdings bloß die Münsteraner bedauern; allen anderen ist viel wichtiger, dass das Team funktioniert und die Geschichte einigermaßen originell ist.

Und beides trifft zu, denn Thiel und Pathologe Boerne (Jan Josef Liefers) stehen vor einem Rätsel: Sie haben zwar einen Mörder dingfest gemacht, aber ansonsten bloß einen Tatverdacht. Es gibt keine Leiche, keine Tatwaffe, kein Motiv. Nicht minder rätselhaft ist ein weiterer Mord, bei dem es zwar einen hochgradig Verdächtigen gibt, doch der war der Tat paradoxerweise viel zu nah, um als Täter in Frage zu kommen.
Besser noch als die von Wolfgang Panzer äußerst geschickt zugespitzte Geschichte ist das Zusammenspiel des Duos Prahl und Liefers. Waren Polizist und Professor gegen Ende ihres ersten gemeinsamen Falls fast schon Freunde, so überwiegt nun wieder die alte Bissigkeit. Weil Prahl, eher ein Mime der Minimalschule, meistens keine Miene verzieht, stiehlt ihm Liefers als aufgekratzt dozierender Rechtsmediziner regelmäßig die Show, wenn Boerne beispielsweise durch seinen Seziersaal schlittert, sich bissige Wortgefechte mit "Alberich", seiner kleinwüchsigen Assistentin (ChrisTine Urspruch), liefert und dann auch noch den gutmütigen Thiel auf den Arm nimmt.

Trotzdem muss die Stärke der Filme im Drehbuch stecken. Panzers knifflige Geschichte entpuppt sich als Familiendrama, in das gleich diverse Liebschaften verwickelt sind; auch Panzer setzt auf die bewährten Krimi-Motive Eifersucht und Rache. Mindestens ebenso reizvoll wie die Frage nach dem Mörder sind die Ausflüge ins eigentlich eher kühle Gebiet der Rechtsmedizin. Natürlich machen Belehrungen in Sachen Pathologie erst richtig Spaß, wenn sie von einem Professor mit messerscharfem Verstand und flinker Zunge vorgetragen werden. Immerhin klärt Boerne den Fall mit seinen Erkenntnissen fast im Alleingang.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).