Wulff und Käßmann würdigen Freya von Moltke
Gestern hätte sie ihren 100. Geburtstag gefeiert: Mit einer Gedenkfeier und einem Gottesdienst ist in Köln der Widerstandskämpferin Freya von Moltke gedacht worden. Bundespräsident Christian Wulff appellierte in seiner Rede an die Mitmenschlickeit. Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, würdigte in ihrer Predigt den Einsatz der Eheleute Moltke für Gerechtigkeit und Demokratie.

Bundespräsident Christian Wulff hat zum Einsatz für Mitmenschlichkeit, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit aufgerufen. "Die Verteidigung der Menschlichkeit ist das bleibende Vermächtnis des Widerstands", sagte Wulff am Dienstagabend in Köln in einer Gedenkfeier für die NS-Widerstandskämpferin Freya von Moltke (1911-2010), die an diesem Tag 100 Jahre alt geworden wäre. Zuvor wurde in einem ökumenischen Gottesdienst an die 1911 in Köln geborene Protestantin erinnert, die sich in der NS-Zeit entschieden gegen Diktatur und Willkür eingesetzt hatte.

Kampf gegen NS-Ungeist

Wulff nannte Freya von Moltkes Leben ein leidenschaftliches Plädoyer für politisches und gesellschaftliches Engagement. Sie habe sich gemeinsam mit ihrem Mann James Graf von Moltke entschlossen gegen das Unrecht und den Ungeist des NS-Regimes aufgelehnt, sagte er laut Redetext.

Nach dem Zweiten Weltkrieg habe sie sich in Deutschland und ihrer späteren Wahlheimat USA für eine offene und menschenwürdige Gesellschaft eingesetzt. Auch heute müssten Menschen Verantwortung für ihre Gesellschaft übernehmen, denn es gebe nach wir vor Gewaltherrschaften und "brutale Despoten, die Leid und Tod über das eigene und andere Völker bringen", betonte der Bundespräsident.

Der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters nannte die Erfahrung des Nationalsozialismus eine dauerhafte moralische Herausforderung. "Das weitgehende Versagen der deutschen Gesellschaft und die Millionen Opfer des Nationalsozialismus lassen uns zu Recht nicht zur Ruhe kommen", erklärte der SPD-Politiker. Er zeigte sich zuversichtlich, dass es bald gelingen werde, in Freya von Moltkes Geburtsstadt "ein würdiges Erinnerungsmal an einem angemessenen Ort" anzubringen. Der Kölner evangelische Stadtsuperintendent Rolf Domning schlug vor, eine Straße, einen Platz oder eine Schule nach ihr zu benennen.

"Haben sich nicht verführen lassen"

Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, würdigte im Gottesdienst den Einsatz der Eheleute Moltke für Gerechtigkeit und Demokratie. Sie hätten sich nicht von der Ideologie des Nationalsozialismus verführen lassen, sagte sie in ihrer Predigt. Käßmann forderte dazu auf, die Freiheit von Meinung, Gewissen und Religion zu schützen. Ausdruck christlichen Glaubens seien auch heute der Einsatz für den Nächsten und die Übernahme von Verantwortung.

Freya von Moltke hatte sich gemeinsam mit ihrem später hingerichteten Ehemann Helmuth James Graf von Moltke in der Widerstandsgruppe "Kreisauer Kreis" engagiert. Die Gruppe schmiedete Pläne für ein demokratisches Deutschland und ein vereintes Europa nach der NS-Diktatur. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte Freya von Moltke über Südafrika in die USA, wo sie von 1960 bis zu ihrem Tod am 1. Januar 2010 lebte.


Leseempfehlungen:

  • Sylke Tempel: Freya von Moltke - Ein Leben. Ein Jahrhundert. Rowohlt Berlin, 19,95 Euro.
  • Frauke Geyken: Freya von Moltke - Ein Jahrhundertleben. Beck Verlag München, 19,95 Euro.
  • Freya von Moltke und Helmuth von Moltke: Abschiedsbriefe Gefängnis Tegel: September 1944 - Januar 1945, Beck Verlag München, 29,95 Euro.
epd