Neue Kritik an Innenminister Friedrichs Haltung zum Islam
Mehr Wachsamkeit in muslimischen Vereinen oder Kulturzentren: Das schwebt Innenminister Friedrich vor. Radikalisierung solle früher erkannt werden, sagte er bei der ersten von ihm geleiteten Islamkonferenz. Die Idee stößt bereits auf Kritik.

Friedrich wiederholte am Dienstag in Berlin im Anschluss an die Sitzung seine Äußerung, dass die vier Millionen Muslime in Deutschland Teil dieser Gesellschaft seien, der Islam aber nicht zu Deutschland gehöre. Das Land sei christlich-abendländisch geprägt. In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisierten neun der zehn muslimischen Einzelvertreter der Islamkonferenz Friedrichs Haltung scharf.

Er habe von seinen Äußerungen nichts zurückzunehmen, sagte Friedrich, der zum ersten Mal die Islamkonferenz leitete. Er sprach von einer "sehr munteren Diskussion" bei der Plenarsitzung. Die aus Bosnien stammende Islamwissenschaftlerin Armina Omerika sagte, die Sitzung sei sehr kontrovers gewesen. Wenn die Muslime zu Deutschland gehörten, gehöre auch der Islam zu Deutschland. Das sei für sie nicht zu trennen, betonte Omerika. Der Vorsitzende des Verbandes der Islamischen Kulturzentren, Mustafa Imal, appellierte an "die Politiker, verantwortungsbewusster mit ihren Äußerungen umzugehen".

Ausgrenzung beklagt

In der Stellungnahme der muslimischen Einzelpersönlichkeiten wird Friedrich aufgefordert, "nicht leichtfertig die langjährigen Bemühungen um einen Dialog ... sowie die bisherigen Errungenschaften" der Islamkonferenz zu gefährden. Der Minister vermittele die Botschaft, die Muslime seien ebensowenig ein Teil Deutschlands wie ihre Religion.

Für weiteren Zündstoff sorgte bei der Sitzung der Vorschlag von Friedrich für eine Sicherheitspartnerschaft. Der Innenminister warb für eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Muslimen und Sicherheitsbehörden, um islamistischen Extremismus zu bekämpfen. Durch stärkere Sensibilisierung der muslimischen Verbände und Kampagnen mit muslimischen Idolen "wollen wir Jugendliche davor bewahren, Rattenfängern auf den Leim zu gehen", sagte Friedrich. Die Sicherheitspartnerschaft soll eine eigenständige Initiative außerhalb der Deutschen Islamkonferenz sein. Der Minister hat für das Frühjahr einen "Präventionsgipfel" anberaumt.

"Kultur des Denunziantentums"

Die Sicherheitspartnerschaft dürfe keine Einbahnstraße sein, forderte Imal. Es müsse dabei auch um Extremismus auf deutscher Seite gehen. Die Sicherheitspartnerschaft könne eine "zweifelhafte Kultur des Denunziantentums unter den Muslimen fördern", kritisierte Omerika. Sie stehe im Widerspruch zu einer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft, heißt es in der Stellungnahme der Einzelpersönlichkeiten.

Die Opposition schloss sich der Kritik an. Die SPD warf Friedrich vor, Angst vor dem Islam zu schüren. Von der Konferenz müsse das klare Signal gehören, dass der Islam zu Deutschland gehöre, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir warnte davor, "das vielversprechende Projekt an die Wand zu fahren". Mit seiner Rhetorik stelle Friedrich die Muslime unter Generalverdacht. Muslime sollten zu einer Art freiwilligen Polizeireserve gemacht werden, ergänzte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast.

Kritik von vielen Seiten

Die Islamkonferenz zu einer Sicherheitskonferenz zu machen, sei diskriminierend, sagte die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen. Vorurteile würden dadurch bekräftigt. Integration sei eine soziale, keine religiöse Frage.

Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek, sagte der dpa in Köln: "Die Islamkonferenz sollte nicht zur sicherheitspolitischen Konferenz werden." Der ZMD stehe bereits mit Sicherheitsbehörden wie Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz im Dialog, betonte Mazyek. "So wesentliche Themen wie die Anerkennung des Islam und die Integration der Muslime dürfen aber in der Islamkonferenz nicht mit der Sicherheitspolitik vermengt werden." Mazyek sieht die Islamkonferenz vor dem Scheitern.

Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor schlug vor, die Konferenz "in dieser gegenwärtigen Form ad acta" zu legen. Die Konferenz vertrete ein konservatives Islamverständnis und repräsentiere den Islam in Deutschland nicht, schrieb sie in der "Frankfurter Rundschau".

epd/dpa