Bündnis 90/Die Grünen, die die Landtagswahl am Sonntag gewonnen hatten und in Winfried Kretschmann voraussichtlich den künftigen Regierungschef stellen, kämpfen seit Jahren gegen die Umwandlung des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation. Sie hatten einen sofortigen Bau- und Vergabestopp gefordert. Die SPD als künftiger Koalitionspartner sieht das Bahnprojekt positiv, will aber ebenso wie die Grünen einen Volksentscheid.
Der baden-württembergische Grünen-Verkehrsexperte Werner Wölfle begrüßte die Ankündigung der Bahn als "guten ersten Schritt": "Das war das Mindeste, was ich erwartet habe." Doch die Begrenzung auf den Zeitpunkt der Wahl des Ministerpräsidenten sei falsch. Der Vergabestopp müsse bis zur Klärung aller Fragen gelten, darunter die möglichen Folgen des Stresstests oder die Anbindung der Gäubahn, betonte der Landtagsabgeordnete und langjährige Gegner des 4,1 Milliarden Euro teuren Projekts. Der Stresstest ist eine Computersimulation zur Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs im Vergleich zum bestehenden Kopfbahnhof. Die Ergebnisse des Tests werden im Sommer erwartet.
Grün-Rot will Volksentscheid
Auch die SPD begrüßte den vorläufigen Stopp der Auftragsvergaben und Bauarbeiten. "Es ist sinnvoll, dass die Bahn die weitere Entwicklung abwarten will", sagte SPD-Landeschef und Landtagsfraktionsvize Nils Schmid am Dienstag. Die SPD setze weiterhin darauf, die Bürger über Stuttgart 21 entscheiden zu lassen. Die Sozialdemokraten unterstützten bisher den Umbau des Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und die Anbindung an die geplante Schnellbahntrasse nach Ulm. Angesichts der monatelangen Konflikte streben die Partei aber gemeinsam mit den Grünen einen Volksentscheid über das Milliardenprojekt an.