Zerreißprobe für Südwest-CDU: Gönner gegen Hauk
Der Wahlkampf im "Ländle" ist vorbei, nun brechen in den Parteien die Machtkämpfe aus. In der Südwest-CDU kämpfen die bisherige Umweltministerin Tanja Gönner und Fraktionschef Peter Hauk um die Nachfolge von Stefan Mappus an der Parteispitze. Bei den grünen Siegern herrscht eitel Sonnenschein, doch die Probleme mit Stuttgart 21 werfen bereits dunkle Schatten.
29.03.2011
Von Henning Otte

Gönner und Hauk kämpfen nach der historischen Niederlage bei der Landtagswahl um den Parteivorsitz und die Rolle des Oppositionsführers im Stuttgarter Landtag. Die 41-jährige Vertraute des scheidenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus erklärte am Montagabend in einer CDU-Vorstandssitzung, sie wolle für Partei- und Fraktionsvorsitz kandidieren. Das bestätigte CDU-Generalsekretär Thomas Strobl.

Doppelspitze denkbar

Hauk sagte vor Journalisten, er werde an diesem Dienstag erneut für den Fraktionsvorsitz kandidieren. "Ich würde auch für den Landesvorsitz kandidieren, wenn die Partei dieses wünscht", sagte der langjährige Gegenspieler von Mappus. Das hänge aber auch davon ab, ob er Fraktionsvorsitzender bleibe. "Ich wäre auch bereit, bei einer entsprechenden personellen Konstellation eine Doppelspitze zu machen", sagte der 50-jährige CDU-Politiker. Dann könnte Gönner Vorsitzende der Landespartei werden.

In der Vorstandssitzung gab es Bedenken, eine Kampfkandidatur zwischen Gönner (Foto: dpa) und Hauk könnte der Partei schaden. Damit gibt es eine Neuauflage des Kampfes zwischen zwei Lagern in der Südwest-CDU. Bereits vor der Wahl von Günther Oettinger (CDU) zum Nachfolger von Ministerpräsident Erwin Teufel im Jahr 2005 hatte es eine solche Machtprobe gegeben. Damals traten Oettinger und die damalige Kultusministerin Annette Schavan gegeneinander an. Mappus und Gönner gehörten zum Schavan-Lager, Hauk zur Gruppe um Oettinger, die am Ende siegreich war.

Nun könnte es auch beim vorgezogenen Parteitag am 7. Mai eine Kampfkandidatur um den Parteivorsitz geben. Vor den Sitzungen von Präsidium und Vorstand hatte Mappus seinen Rückzug vom Landesvorsitz erklärt. "Für die Wahlniederlage habe ich persönliche Verantwortung übernommen und persönliche Konsequenzen gezogen." Sein Landtagsmandat will er behalten.

Grünen-Spitzenkandidat Winfried Kretschmann kündigte unterdessen eine Koalition auf Augenhöhe mit der SPD an. Als Ministerpräsident will er einen neuen Regierungsstil einführen und den Umbau des Stromversorgers EnBW zügig vorantreiben. Kretschmann sieht in dem Bahnprojekt Stuttgart 21 den größten Streitpunkt mit der SPD: "Wir haben ein dickes Problem, das ist bekannt, das ist Stuttgart 21." Die SPD befürwortet das Milliarden-Projekt, die Grünen sind dagegen. "Das wird spannend", sagte Kretschmann.

Stuttgart 21: Stresstest abwarten

Der Fraktionschef kündigte an, man werde zunächst den Stresstest für den geplanten Durchgangsbahnhof abwarten. "Wir werden uns da in ganz anderer Weise einklinken können." Kretschmann erwartet als Ergebnis des Tests, dass teure Nachbesserungen nötig werden. "Man kann nicht so tun, als wäre das egal, wenn die Kosten immer weiter steigen." Das Projekt sei ein "Fass ohne Boden". Zum Schluss wollten Grüne und SPD einen Volksentscheid organisieren - "es sei denn, wir einigen uns in der Sache vorher."

Grüne und SPD hatten angekündigt, die Bürger im Südwesten über die Zukunft des 4,1 Milliarden Euro teuren Bahnprojekts Stuttgart 21 entscheiden zu lassen. Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, meldete leise Zweifel an einem Volksentscheid an. Nach dem Stresstest und der anschließenden Bewertung könne "möglicherweise" eine Abstimmung der Bürger stehen, sagte Özdemir im Deutschlandradio Kultur.

"Die Leute haben genug vom konfrontativen Regierungsstil von Mappus, von diesem Durchregieren, von diesem Machtinspiriertem", sagte Kretschmann der dpa in Berlin. "Wir werden versuchen, dieses Land mit Besonnenheit, Maß und Mitte zu führen." Der bisherige Fraktionschef will sich zunächst "in aller Ruhe" mit SPD-Landeschef Nils Schmid zusammensetzen. Die Koalitionsverhandlungen sollen zügig beginnen. Mit Schmid werde man gut regieren können. "Zwischen uns stimmt die Chemie. Wir denken ähnlich in langen Linien."

Grüne und SPD verhandeln bis Ende April

Die Koalitionsverhandlungen sollen bis Ende April laufen. Danach wollen die SPD auf vier Regionalkonferenzen und die Grünen in ihren Kreisverbänden beraten. Für den 7. Mai sind parallel laufende Landesparteitage geplant. Am 12. Mai soll der 15. Landtag den neuen Ministerpräsidenten wählen und die Ministerliste bestätigen. Die Grünen bestimmten am Abend eine achtköpfige Verhandlungskommission für die Koalitionsgespräche.

Die FDP-Spitze will als Konsequenz aus dem Wahldebakel einen Generalsekretär installieren. Bisher hatte sich die Landesvorsitzende und Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger immer dagegen ausgesprochen.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die CDU auf 39,0 (2006: 44,2) Prozent und 60 Mandate. Die Grünen erzielten 24,2 (11,7) Prozent und 36 Sitze im Landtag. Die SPD erreichte 23,1 (25,2) Prozent und 35 Sitze. Die FDP, die seit 1996 mit der CDU regierte, erzielte nur 5,3 (10,7) Prozent und 7 Mandate.

Mappus soll keine EnBW-Aufsichtsräte mehr bestellen

Kretschmann will als eine der ersten Aufgaben verhindern, dass Mappus die Aufsichtsräte der Energie Baden-Württemberg (EnBW) bestellt. Dies wolle die neue grün-rote Regierung tun. Die Hauptversammlung findet aber vor der Regierungsbildung statt. Das Land hatte für 4,67 Milliarden Euro den 45-Prozent-Anteil an dem Energieversorger EnBW zurückgekauft. Klar sei, "dass wir da eine schwere Hinterlassenschaft der Regierung Mappus schultern müssen", sagte Kretschmann.

Trotz ihrer Niederlage wird die CDU auch künftig den Präsidenten des Landtags stellen. "Die CDU ist die stärkste Fraktion und hat damit Anspruch auf den Parlamentspräsidenten", hieß es in der Grünen-Landtagsfraktion. An diesem Grundsatz werde nicht gerüttelt. Da der bisherige Präsident Peter Straub (CDU) nicht mehr für den Landtag kandidiert hatte, muss die künftige Oppositionsfraktion CDU einen Nachfolger suchen. Dafür kommen unter anderem die scheidenden Minister Willi Stächele (Finanzen), Heribert Rech (Innen) oder der bisherige Beauftragte des Landes beim Bund und in Brüssel, Wolfgang Reinhart, in Betracht. 

dpa