Die muslimischen Verbände reagierten auf die Äußerung Friedrichs empört. Schäuble und Bundespräsident Christian Wulff hatten zuvor betont, der Islam gehöre zu Deutschland. Ausgerechnet so kurz vor der nächsten Plenarsitzung der Islamkonferenz sagt dann der neue Innenminister das Gegenteil. "Wem sollen wir glauben?", fragt der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat.
Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) zog am Wochenende in einem Zeitungsinterview gar die Eignung Friedrichs als Chef der Islamkonferenz in Zweifel. Vielleicht wäre die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), besser geeignet, gab er zu bedenken.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Klaus Wowereit forderte Friedrich auf, Klarheit in der "Islamfrage" herzustellen. Von Anfang an sei es "Geschäftsgrundlage" der Islamkonferenz gewesen, dass der Islam zu Deutschland gehöre, sagte der Regierende Bürgermeister von Berlin. Wenige Stunden nach seinem Amtsantritt habe Friedrich "den schwarzen Sheriff gemimt und desavouierte seine Vorgänger, ganz zu schweigen von den Teilnehmern der Islamkonferenz und der von ihnen vertretenen Muslime in Deutschland". Die SPD erwarte einen echten Dialog, der helfe, Vorurteile abzubauen.
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) bezeichnete den Islam als Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit in Deutschland. Wichtig sei es, über eine Weiterentwicklung des Islam zu reden, sagte Schavan der Berliner "tageszeitung" (Montagsausgabe). Die Ministerin unterstrich die Bedeutung von konfessionsgebundenem Religionsunterricht. Zur Persönlichkeitsentwicklung gehöre die Chance, in der eigenen Religion heimisch zu werden. Das sei die entscheidende Voraussetzung für den Dialog.
Fortbildung für Imame angeregt
Kenan Kolat hofft in der Plenarsitzung am Dienstag auf versöhnende Worte des Ministers. Eine Diskussion über Sinn und Zweck der Veranstaltung wolle er sich gerne ersparen. Wichtig sind seiner Ansicht nach die Untersuchungen zu Antisemitismus und Extremismus unter Muslimen sowie zur Islamfeindlichkeit in Deutschland, die am Dienstag vorgelegt werden sollen. Wenn es Friedrich in diesem Wahljahr aber vor allem darum gehe, bestimmte Stimmungen in der Gesellschaft aufzugreifen, sei das gefährlich.
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Friedrich hat sich bereits mit Vertretern einiger muslimischer Verbände getroffen. Er finde es schade, dass seine Äußerungen kurz nach der Amtsübernahme Anfang März dazu benutzt worden seien, einen Keil zu treiben zwischen die Muslime und ihn, sagte er am Sonntag im Deutschlandfunk. Er sei dazu da zusammenzuführen: "Und ich möchte das auch bei der Islamkonferenz deutlich machen."
Für den CSU-Mann ist es eine Selbstverständlichkeit, die Prägung Deutschlands durch die christlich-abendländische Kultur zu betonen. Eine landeskundliche Fortbildung der Imame ist für den neuen Innenminister ganz wesentlich. Dass nur rund 20 Prozent der Muslime in Deutschland sich als religiös einstufen, also nur ein Bruchteil durch Imame erreicht wird, übersieht er dabei.
Instrument der Integration
Die Islamkonferenz, zu der 2006 erstmals eingeladen worden war, wurde von Anfang an von der Bundesregierung als zentrales Instrument für die Integration der rund vier Millionen Muslime in Deutschland betrachtet. Im Mittelpunkt stehen in dieser Legislaturperiode die Ausbildung von Imamen, der islamische Religionsunterricht, Fragen der Geschlechtergerechtigkeit und die Abgrenzung von Islam und Islamismus.
Dem letzten Punkt wird Friedrich mehr Gewicht verleihen, als es seine Vorgänger getan haben. Mitte März kündigte Friedrich eine "Sicherheitspartnerschaft" mit den muslimischen Organisationen zur Bekämpfung von islamistischer Gewalt an. Mit Unterstützung der Islamkonferenz wolle er diese Initiative auf den Weg bringen, kündigte er an.
"Das gehört nicht zum Aufgabenbereich der Islamkonferenz", kritisiert hingegen Kolat von der Türkischen Gemeinde. Auch Friedrich hat inzwischen gemerkt, dass sein Vorhaben auf Ablehnung stößt. Daher wird er die "Sicherheitspartnerschaft" vermutlich in eine eigene Veranstaltung verlagern. Eine Akzentverschiebung durch den neuen Minister ist jedoch schon deutlich erkennbar.