Japans Regierung bestätigt Kernschmelze in Fukushima
Die Wahrheit über die Atom-Katastrophe in Japan kommt nur scheibchenweise ans Licht: Jetzt berichtet die Regierung, dass es in Fukushima eine teilweise Kernschmelze gab. Fachleute hatten das längst vermutet. Ein neues Erdbeben sorgt für Angst.

Die Lage im havarierten Atomkraftwerk Fukushima im Nordosten Japans bleibt extrem kritisch. Im Reaktor 2 hatte nach Angaben der Regierung irgendwann in den vergangenen zwei Wochen eine Kernschmelze eingesetzt. Man glaube aber, dass der gefährliche Prozess gestoppt sei, sagte Regierungssprecher Yukio Edano am Montag. Die hohe Radioaktivität, die im Wasser in dem dortigen Turbinengebäude entdeckt wurde, sei auf diese teilweise Kernschmerze zurückzuführen, ergänzte der Sprecher.

Der Betreiber des Unglückskraftwerks, Tepco, hat inzwischen seine Angaben zur Verseuchung des Wassers korrigiert. Das Unternehmen spricht jetzt noch von einer 100 000-fach höheren Radioaktivität als normal. Zuvor hatte der Energiekonzern erst gemeldet, die Strahlung sei zehn Millionen Mal höher als sonst - dann hatte Tepco diese Zahl zurückgezogen, ohne neue Werte zu nennen.

Auch jetzt gab es zunächst keine genauen Informationen zum Zeitpunkt der teilweisen Kernschmelze. Fachleute hatten schon seit Beginn des Unglücks vor gut zwei Wochen mehrfach vermutet, dass Reaktorkerne so stark überhitzt gewesen sein könnten, dass eine Schmelze begonnen haben könnte.

Regierung kritisiert Betreiber

Regierungssprecher Edano übte jetzt scharfe Kritik am Umgang des Betreibers Tepco mit den Strahlungs-Messwerten. Das Vorgehen sei "inakzeptabel". Die japanische Atomaufsichtsbehörde wies das Unternehmen zudem an, Maßnahmen zu treffen, damit es nicht wieder zu solchen Irrtümern wie am Wochenende kommt.

Die Schlampereien bei Tepco verstärken die Angst der Menschen in der Unglücksregion. Viele beklagen, sie seien nicht gut genug informiert über die Verstrahlung und die möglichen Folgen für ihre Gesundheit.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte zuvor eine Ausweitung der Evakuierungszone rund um das Atomwrack gefordert. In dem Ort Iitate, rund 40 Kilometer nordwestlich des Kraftwerks, gäbe es eine so hohe Strahlenbelastung, dass eine Evakuierung notwendig sei, erläuterte Greenpeace.

Vor allem für Kinder und Schwangere sei es dort nicht sicher, weil sie bereits innerhalb weniger Tage der jährlich erlaubten Strahlenbelastung ausgesetzt seien, erklärte Greenpeace. Um das Kraftwerk Fukushima Eins gilt derzeit eine 20 Kilometer weite Evakuierungszone. Die Regierung legte Bewohnern im Umkreis zwischen 20 und 30 Kilometern außerdem nahe, freiwillig die Gegend zu verlassen.

Unterdessen setzten Arbeiter an der Atomruine ihre Bemühungen fort, das hoch radioaktive Wasser aus den Gebäuden zu beseitigen. Das ist nötig, damit nicht noch mehr Arbeiter verstrahlt werden. Und damit die Stromversorgung und die Kühlung in dem Kraftwerk, das beim Erdbeben vom 11. März zerstört wurde, in Gang kommen. Bisher wurden 19 Arbeiter bei der Rettungsaktion stärker verstrahlt - sie waren einer Radioaktivität von mehr als 100 Millisievert ausgesetzt.

Schweres Nachbeben

Unterdessen versetzten Nachbeben die Menschen in der Katastrophenregion weiter in Angst. Am Montagmorgen erschütterte ein starker Erdstoß die Region. Er hatte nach japanischen Angaben eine Stärke von 6,5. Die US-Erdbebenwarte stufte die Stärke dagegen etwas zurück und sprach von 6,1. Das Zentrum des Bebens lag nach Angaben der nationalen Meteorologischen Behörde in Japan vor der Küste der Unglücksprovinz Miyagi in einer Entfernung von 163 Kilometern von Fukushima.

Von dem havarierten Kernkraftwerk wurden jedoch keine weiteren Schäden gemeldet. Eine von den Behörden zunächst ausgegebene Tsunamiwarnung wurde später aufgehoben. Der Bahnbetrieb auf den Hochgeschwindigkeitstrassen wurde nicht beeinträchtigt.

Die Region war vor gut zwei Wochen von einem verheerenden Erdbeben der Stärke 9,0 sowie einem Jahrhundert-Tsunami schwer zerstört worden. Mehr als 10.800 Menschen verloren im Nordosten des Landes ihr Leben, rund 16.000 Menschen gelten als vermisst.

Noch immer müssen gut 243.000 Menschen in Notunterkünften hausen. Die Behörden warnen die Bewohner für die nächste Zeit vor weiteren Nachbeben. Derweil wurden die Aufräumarbeiten am Montag fortgesetzt.

dpa