EU-Gipfel: Neuer Euro-Rettungsschirm steht
Der EU-Gipfel hat einen ersten Durchbruch erzielt: Die Staats- und Regierungschefs einigten sich auf einen dauerhaften Euro-Krisenfonds ab 2013, einen verschärften Stabilitätspakt und eine Wirtschaftsregierung. Bei den Zahlungsmodalitäten setzte sich Deutschland durch.

Europa blickt besorgt in Richtung Schuldensünder Portugal. Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich am Donnerstagabend in Brüssel auf eine historische Reform zur Absicherung des Euro. Noch ist aber unklar, ob es die nervösen Finanzmärkte beruhigen kann. Mit Spannung wurde die Öffnung der Börsen am Freitagmorgen erwartet. Portugal muss als ärmstes Land Westeuropas an den Finanzmärkten hohe Risikoprämien für seine langfristigen Staatsanleihen zahlen.

Der Euro ist nur noch eines von mehreren Themen

Die Gipfelrunde will zum Abschluss der Beratungen am Freitag eine Erklärung zur Atomkatastrophe in Japan beschließen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und viele ihrer Amtskollegen fordern nach der Reaktorkatastrophe nun auch scharfe Sicherheitsüberprüfungen aller Atomkraftwerke in Europa nach einheitlichen Standards.

Zur Libyen-Krise verabschiedeten die EU-"Chefs" in der Nacht eine Erklärung. Sie begrüßten die Militärschläge einer "Koalition der Willigen" in Libyen und erneuerten ihre Rücktrittsforderung an Machthaber Muammar al-Gaddafi. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy drohte auch anderen Gewaltherrschern offen Militärschläge an.

Das Paket zur Absicherung des Euro gilt als größte Reform seit Einführung der Gemeinschaftswährung im Jahr 1999. Mit mehr Geld, härteren Strafen und einer abgestimmten Wirtschaftspolitik will die EU künftig Schuldenkrisen verhindern. "Das ist ein Wendepunkt im Krisenmanagement. Aber die Probleme sind noch nicht alle vorbei", sagte Gipfelchef Herman Van Rompuy.

Bar-Einzahlungen in Rettungsfonds werden bis 2017 gestreckt

Deutschland hat erreicht, dass die Bareinzahlungen in den neuen Euro-Rettungsfonds über fünf Jahre bis 2017 gestreckt werden können. Dies sagte der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Finanzminister Jean-Claude Juncker, am frühen Freitagmorgen in Brüssel nach dem ersten EU-Gipfeltag.

Demnach wird die Gesamtsumme von 80 Milliarden Euro, von der 22 Milliarden auf Deutschland entfallen, nicht bereits 2013 fällig. Stattdessen müssen fünf Jahre lang zwischen 2013 und 2017 jeweils 16 Milliarden Euro eingezahlt werden. Zugleich hätten sich die Regierungen verpflichtet, für den "höchst unwahrscheinlichen»"Fall einer Inanspruchnahme des Fonds zusätzliche Beiträge einzuzahlen.

Juncker sagte, es sei schwierig gewesen, die europäischen Partner dazu zu bringen, dem Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einer Änderung zuvor von den Finanzministern beschlossenen Zahlungsmechanismus zuzustimmen. Auf die Frage, ob man sich diese Nachverhandlung nicht hätte ersparen können, sagte er nur: "Selbstverständlich."

Portugal: Bewährungsprobe naht

Derzeit muss sich Europa auf milliardenschwere Hilfen für den Pleitekandidaten Portugal einstellen. Der portugiesische Ministerpräsident José Sócrates war kurz vor Gipfelbeginn zurückgetreten, weil er mit einem neuen Sparpaket im Lissabonner Parlament gescheitert war.

Die Hilfen für Portugal müssten aus dem bisherigen, kurzfristig auf die Beine gestellten Rettungsfonds EFSF kommen. Er soll bis Ende Juni auf 440 Milliarden Euro aufgestockt werden. Bisher gibt es keine Antrag auf Hilfen von der Lissabonner Regierung.

dpa