Militäreinsatz am Mittelmeer hat begonnen
Nach den Luftangriffen will sich das Pentagon einen Überblick über die Schäden in Libyen verschaffen. Diktator Gaddafi bekam die westliche Militärmacht mit aller Härte zu spüren. Ziele in Küstennähe wurden zerstört. Gaddafi droht: Das Mittelmeer wird zum Schlachtfeld.

Nach der ersten Angriffswelle gegen Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi ist es am Sonntagmorgen in den Städten Tripolis und Bengasi ruhig geblieben. Der internationale Militäreinsatz hatte am Samstag mit massiven Luft- und Raketenangriffen begonnen. US-Beamte sagten dem US-Fernsehsender Fox News, die Luftverteidigung des Regimes von Diktator Muammar al-Gaddafi sei schwer getroffen worden.

Die USA und Großbritannien starteten von Kriegsschiffen und U-Booten aus Raketenangriffe auf militärische Ziele des Regimes von Machthaber Muammar al-Gaddafi. Zudem griffen französische und britische Kampfjets in die Militäraktion ein. Beschossen wurden vor allem Ziele in Küstennähe.

Am frühen Sonntagmorgen war in der libyschen Hauptstadt Tripolis heftiges Feuer aus Flakgeschützen zu hören. Der US-Fernsehsender CNN zeigte Aufnahmen von Leuchtspurgeschossen. Es habe Explosionen gegeben und die Flugabwehr habe gefeuert. Der Geschützdonner habe etwa zehn Minuten gedauert, hieß es beim britischen Sender BBC. Unklar war, ob es sich um einen neuen Luftangriff gehandelt haben könnte.

Gaddafi spricht von "Kreuzfahrerkrieg"

Am Sonntagmorgen waren über der Rebellenhochburg Bengasi im Osten des Landes Kampfflugzeuge und Explosionen zu hören. Ein Korrespondent des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira sagte, dass es sich um westliche Jets gehandelt haben müsse.

Im libyschen Fernsehen hieß es unter Berufung auf das Militär, bei den Angriffen seien 48 Menschen ums Leben. 150 Menschen seien verletzt worden, berichtete CNN nach dieser Quelle.

Gaddafi bezeichnete die Militäroperation gegen seine Truppen als "Auslöser eines zweiten Kreuzfahrerkrieges". "Das Mittelmeer wird zum Schlachtfeld werden", drohte er in einer kurzen Ton-Botschaft, die vom staatlichen libyschen Fernsehen am Abend ausgestrahlt wurde. "Das libysche Volk ist bereit, die Kreuzritter zu bekämpfen", sagte Gaddafi. "Wir werden die Waffenlager für alle Libyer öffnen."

Die von den Vereinten Nationen gebilligte Militäraktion soll verhindern, dass Gaddafi weiter Krieg gegen das eigene Volk führt. Die Angriffe begannen parallel zu einem Sondergipfel internationaler Spitzenpolitiker in Paris unter der Leitung von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.

Obama: "Keine US-Bodentruppen"

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums wurden mehr als 110 Marschflugkörper vom Typ Tomahawk abgefeuert. Rund 20 militärische Anlagen seien ins Visier genommen worden, sagte Vizeadmiral Gortney. Französische Kampfflugzeuge beschossen ein Fahrzeug der libyschen Armee. Nach Informationen von Al-Dschasira trafen die Maschinen auch vier Panzer der Gaddafi-Truppen bei Bengasi.

US-Präsident Barack Obama hatte den Einsatzbefehl an die US-Streitkräfte für eine "begrenzte Militäroperation in Libyen" gegeben. "Diese Aktion hat jetzt begonnen", sagte Obama am Samstag bei seinem Besuch in Brasilien. "Wir werden keine, ich wiederhole, keine US-Truppen am Boden einsetzen." Nach einem Bericht der "New York Times" (Samstag) dürfen US-Soldaten nach dem Willen Obamas nur "Tage, nicht Wochen" in den Kampf verstrickt werden.

Ein Sprecher der libyschen Regierung sprach von einem barbarischen Akt. Der Geist der Gaddafi-Anhänger werde dadurch aber nicht geschwächt, sagte er in einer von der BBC übertragenen Pressekonferenz in Tripolis. Der Sprecher wiederholte seine Forderung, dass internationale Beobachter nach Libyen kommen sollten. Am Vortag war bei einer entsprechenden Einladung auch ausdrücklich Deutschland ins Spiel gebracht worden.

Bundesregierung enthielt sich

Mit den Angriffen sollten weitere Angriffe auf Zivilisten und Oppositionsgruppen bei Bengasi verhindert werden, hieß es. Zudem sollte das Gaddafi-Regime behindert werden, sich gegen die Einrichtung einer Flugverbotszone zu wehren.

Die Bundesregierung lehnt eine direkte Beteiligung deutscher Soldaten an der Operation ab und hatte sich im Sicherheitsrat der Stimme enthalten. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Donnerstag militärische Operationen gegen das Gaddafi-Regime gestattet.

Sarkozy hatte Gaddafi nach dem Gipfel ultimativ aufgefordert, einzulenken. In der Gipfelerklärung hieß es, Gaddafi müsse die Gewalt einstellen, seine Streitkräfte aus eroberten Gebieten zurückziehen und humanitäre Hilfe ermöglichen. Noch während der Gipfel tagte, drangen französische und britische Kampfjets und Aufklärer in den libyschen Luftraum ein und überflogen auch Bengasi.

China "bedauert" die Militärschläge

China hat die massiven Luftangriffe auf Libyen bedauert. Die Sprecherin des Außenministeriums in Peking, Jiang Yu, sagte am Sonntag: "China hat die jüngste Entwicklung in Libyen zur Kenntnis genommen und bedauert die Militärschläge gegen Libyen". China sei wie immer gegen den Einsatz von Gewalt in internationalen Beziehungen. Peking hoffe, dass die Stabilität in Libyen so bald wie möglich wieder hergestellt werden kann, damit weitere zivile Opfer vermieden würden, betonte Jiang Yu nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

China hatte sich wie auch Deutschland bei der Abstimmung über die Resolution für die Errichtung eines Flugverbots über Libyen im UN-Sicherheitsrat am Donnerstag in New York enthalten. Als Vetomacht hätte China mit seinem Nein die Resolution zu Fall bringen können.

dpa