Boden, Milch und Spinat in Japan verstrahlt
Im Gebiet um das havarierte Kernkraftwerk Fukushima sind Proben von Milch, Spinat und Erdboden leicht radioaktiv. "Es ist bestätigt, dass der Boden im Umkreis von 30 Kilometer um den Reaktor herum kontaminiert ist", sagte Prof. Michael Atkinson, Leiter des Instituts für Strahlenbiologie im Helmholtz-Zentrum München.

Es seien radioaktives Jod und Caesium nachweisbar. "Doch die Aktivität des Radiojodids im Bodens scheint abzuklingen. Das ist ein Hinweis darauf, dass im Moment nichts aus dem Reaktor mehr austritt", erläuterte der Strahlenforscher am Samstag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Es sei zu früh, die Gefahr für die Japaner abzuschätzen.

Die radioaktive Belastung von Milch und Spinat stamme vermutlich nicht aus dem winterlichen Boden. Vielmehr könnte die Verstrahlung über die Luft erfolgt sein. So sei es möglich, dass das Futter für die Kühe unter freiem Himmel gelegen habe, meinte Atkinson. "Sie lecken sich aber auch die Haut, auf der die Kontamination gelagert sein könnte."

Spinat und anderes Gemüse wächst unter anderem unter Plastikplanen, die vom Tsunami weggespült worden waren. Das war am Tag der Katastrophe auf Fernsehbildern zu sehen. Möglicherweise seien die Teilchen über Niederschläge direkt auf die Pflanzen gekommen.

Welche Gesundheitsgefahr für Japaner bestehe, sei kaum zu sagen. "Der Ausdruck "leicht kontaminiert" ist ein Gummiwert", sagte Atkinson. "Wir können die Gefahr für die Japaner schwer abschätzen." Die angegebene Hochrechnungen des Regierungssprechers Yukio Edano sei plausibel. Demnach entspreche der Verzehr der kontaminierten Lebensmittel über ein Jahr der zusätzlichen Belastung von einer Röntgenaufnahme.

Entwarnung für Deutschland

Für Deutschland bestehe ohnehin keine Gefahr. "Wir importieren diese Lebensmittel nicht aus Japan", sagte Atkinson. Das berühmte Rindfleisch aus Kobe (Kobe-Beef) stelle auch keine Gefahr da, weil die Stadt zu weit vom Reaktor entfernt sei. "Zudem wird momentan alles kontrolliert, was aus Japan kommt."

Auch Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter gibt für Deutschland Entwarnung. "Spinat und Milch werden von Japan nicht exportiert." In der Region um Fukushima werde relativ viel Gemüse angebaut, sagte Hofstetter. Insbesondere direkt am Meer gebe es auch viele Gewächshäuser und oft auch offene Plastikkonstruktionen. In der Provinz Fukushima würden rund 18 000 Kühe gehalten.

Im Trinkwasser von Tokio sind Spuren von radioaktivem Jod aufgetaucht. Das berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo am Samstag mit Verweis auf die japanische Regierung. Auch in der Provinz Gunma seien "sehr geringe Mengen von radioaktivem Material" im Trinkwasser gefunden worden, schreibt die Agentur Jiji Press. Die Präfektur grenzt an die Provinz Fukushima, in der Kernreaktoren außer Kontrolle geraten sind.

Wie kommt Radioaktivität ins Trinkwasser? 

Es blieb unklar, wie die radioaktiven Partikel über die Distanz in das Trinkwasser von Gunma gelingen konnten und ob sie überhaupt aus dem AKW Fukushima stammen. Radioaktive Strahlung tritt sonst auch zum Beispiel in Krankenhäusern und Laboren auf.

Die radioaktive Strahlung in Trinkwasserproben von Gunma sei weit unter den japanischen Grenzwerten, teilte die Provinzregierung von Gunma mit. Es sei kein Problem, das Wasser zu trinken, schrieb Jiji Press. Die Radioaktivität "könnte" vom Unfall in der Nachbarprovinz Fukushima stammen, mutmaßte die Agentur.

Die Proben von Gunma vom Freitag enthielten demnach pro Kilogramm Wasser für Jod-131 eine Aktivität von 2,5 Becquerel (Bq), für Caesium-137 einen Wert von 0,22 Bq, und für Caesium-134 waren es 0,16 Bq. Für das belastete Wasser in Tokio gab es zunächst keine Angaben. Zum Vergleich: Die deutschen Grenzwerte für Milch und Säuglingsnahrung liegen deutlich höher - bei 370 Becquerel (Cäsium 134/137) pro Liter beziehungsweise Kilogramm.

dpa