Militäreinsatz gegen Gaddafis Regime steht bevor
Trotz eines am Vortag verkündeten Waffenstillstands haben Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi am Samstagmorgen das ostlibysche Bengasi angegriffen. Die Stadt sei mit Flugzeugen bombardiert worden, die Lage unübersichtlich, sagte ein Korrespondent des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira am Ort des Geschehens. Die internationale Gemeinschaft trifft letzte Vorbereitungen für den Militäreinsatz gegen Libyen.

Großbritannien hat mit der Verlegung von Kampfflugzeugen in den Mittelmeerraum begonnen. An dem Einsatz sollen Maschinen der Typen Tornado und Eurofighter beteiligt sein, berichtete die BBC. Außerdem sollen Aufklärungsflugzeuge der Typen Nimrod und Sentinel sowie VC-Tankflugzeuge in Stellung gebracht werden. Die BBC sendete Bilder, die die Landung zweier kanadischer Kampfjets auf einem schottischen Flugfeld zeigen.

Spitzenvertreter der Europäischen und Afrikanischen Union, der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga beraten am Samstag in Paris das weitere Vorgehen gegen das Regime in Libyen. Nach dem UN-Beschluss über eventuelle Luftschläge gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi soll auch dessen Waffenstillstandsangebot analysiert werden. In Briefen an US-Präsident Barack Obama und andere Spitzenpolitiker bezeichnete Gaddafi den UN-Beschluss als "ungültig".

Die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice sagte dem US-Nachrichtensender CNN, dass Gaddafi die UN-Resolution missachte und er deshalb auch die Konsequenzen zu tragen habe. Die USA und ihre Alliierten seien zum Handeln bereit.  Der französische Außenminister Alain Juppé sagte, alle Vorbereitungen für Luftschläge seien getroffen.

An dem Treffen in Paris nehmen neben UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Außenministerin Hillary Clinton teil. Deutschland will sich anders als Großbritannien, Spanien, Frankreich oder auch Katar nicht an Militäraktionen beteiligen.

Obama: Gaddafi muss alle Angriffe beenden

Die USA, Großbritannien, Frankreich und arabische Länder hatte Gaddafi am Freitag ein Ultimatum gestellt. Er wurde aufgefordert, unverzüglich die Waffen ruhen zu lassen. Alle Angriffe auf Zivilisten sollten unverzüglich eingestellt werden, hieß es in einer Mitteilung des Élysée-Palastes in Paris. Die Truppen müssten aus den Schlüsselpositionen Adschdabija, Misurata und Al-Sawija abgezogen werden. Der Vormarsch seiner Soldaten auf die Rebellenhochburg Bengasi müsse gestoppt werden. Zudem solle dort die Strom-, Gas- und Wasserversorgung wiederhergestellt werden. Die Bevölkerung müsse ferner Zugang zu humanitärer Hilfe erhalten.

US-Präsident Barack Obama sagte, der Diktator müsse sofort alle Angriffe auf sein Volk beenden, seine Truppen zurückziehen und humanitäre Hilfe in dem Land zulassen. Sonst würde er entsprechend der UN-Resolution militärische Konsequenzen zu spüren bekommen. Zugleich machte er deutlich, dass die USA sich bei möglichen Militäraktionen lediglich als "Teil einer internationalen Koalition" sehen.

"Gaddafi hat genügend Warnungen erhalten, dass er seine Kampagne der Repression stoppen muss oder zur Verantwortung gezogen wird", sagte Obama. Er müsse sofort die Waffen ruhen lassen und in allen Landesteilen den Zugang zu Wasser, Strom und Gas wiederherstellen. "Diese Bedingungen sind nicht verhandelbar", so der Präsident. Ähnlich hieß es auch in der Erklärung des Élysée-Palastes. Nach der vom Sicherheitsrat verabschiedeten Resolution ist zum Schutz von Zivilisten bis auf Bodentruppen militärisch fast alles erlaubt.

Keine Bodentruppen aus den USA nach Libyen

Die USA würden in Libyen weder Alleingänge unternehmen noch eine ausdrückliche Führungsrolle einnehmen. "Tatsächlich haben unsere britischen und französischen Alliierten und Mitglieder der arabischen Liga bereits zugesagt, eine Führungsrolle in der Durchsetzung der Resolution zu übernehmen", sagte Obama. Dies sei ein Beispiel, wie die internationale Gemeinschaft funktionieren solle - dass mehr Nationen die Verantwortung und Kosten dafür tragen, internationales Recht durchzusetzen.

Die USA würden keine Bodentruppen in das nordafrikanische Land entsenden, machte Obama außerdem klar. Vielmehr würde das US-Militär seine "speziellen Fähigkeiten" zur Verfügung stellen, um der Weltgemeinschaft bei der Durchsetzung einer Flugverbotszone über Libyen zu helfen. Details über die möglichen Unterstützungsmaßnahmen durch amerikanische Soldaten ließ er in seiner Erklärung allerdings offen.

dpa