Aller Anfang ist leicht: Energiesparen in der Gemeinde
In Deutschland gibt es mehr als 12.000 katholische Pfarreien und über 16.000 evangelische Kirchengemeinden. Sie alle besitzen und nutzen Gebäude – dazu gehören in der Regel Kirche, Pfarrhaus, Gemeindezentrum und Kindergarten – und verbrauchen Energie in Form von Strom und Wärme. Viele Gemeinden wollen ihren Energieverbrauch reduzieren – um Geld zu sparen und das Klima zu schonen. Doch wo anfangen?
17.03.2011
Von Christian Dahm

Der Einstieg ist einfach: Schauen Sie genau hin und finden Sie heraus, wo in Ihrer Gemeinde wie viel Energie verbraucht wird. Damit ist der erste Schritt getan, der die Sache ins Rollen bringt.

35.000 Euro Energiekosten

Die Gesamtfläche der Gebäude einer Gemeinde beträgt im Mittel etwa 2.000 Quadratmeter (dieser Wert beruht ebenso wie alle weiteren statistischen Daten auf einer Auswertung der von der EnergieAgentur.NRW in den letzten zehn Jahren beratenen rund 400 Kirchengemeinden in Nordrhein-Westfalen). Für deren Beheizung werden ungefähr 400.000 kWh Wärme pro Jahr benötigt, dies entspricht Wärmekosten von rund 27.000 Euro pro Jahr. Der Strombedarf beträgt durchschnittlich 35.000 kWh jährlich, das entspricht 7.500 Euro Stromkosten. Insgesamt fallen pro Gemeinde im Mittel also rund 35.000 Euro Energiekosten pro Jahr an. 

Sowohl für Wärme als auch für Strom zeigt die Erfahrung: Kurzfristig können 10 Prozent durch geringinvestive Maßnahmen und langfristig 30 Prozent durch eine optimierte Planung von Investitionen eingespart werden. Diese Einsparungen sind oft ohne nennenswerte Einschränkungen der Nutzer und ohne Verschlechterung der Aufenthaltsqualität erreichbar.

Mit der Verbrauchsreduzierung ist nicht nur eine Klimaentlastung verbunden, sondern natürlich auch die Verringerung der Energiekosten. Eine Ersparnis von 10 Prozent bedeutet für den Gemeindehaushalt schon eine nennenswerte Summe. Zum Vergleich: In vielen Kirchengemeinden stehen dem Kirchenchor gerade einmal jährlich 500 Euro für die Anschaffung von Noten zur Verfügung. Umso wichtiger ist es, jedes Einsparpotenzial zu nutzen.

Nicht zu unterschätzen ist die erhebliche Multiplikatorwirkung der Kirchengemeinden. Sie sind ein aktiver Teil der Gesellschaft, von dem entscheidende Impulse für ein Klimabewusstsein ausgehen.

Informationen bündeln: Der Energiebeauftragte

Dem Thema Energie sollte also in jeder Gemeinde der notwendige Stellenwert zuerkannt werden. Energieverbrauchs- und Energiekostenoptimierung gehören zu den wichtigsten Steuerungselementen im kirchlichen Haushalt und sollten daher als Chefsache behandelt werden – das heißt mit Unterstützung "von oben" und mit entsprechender Priorität. Wichtig ist vor allem die Bündelung aller wesentlichen Kompetenzen und Entscheidungsabläufe an einer Stelle, bei einer Person.

Die Vorteile dieser Bündelung sind

  • die Vermeidung doppelter Arbeit,
  • größere Transparenz und Übersicht über Zuständigkeiten und Planungsabläufe,
  • bessere Koordination von Sanierungs- und Energiesparmaßnahmen,
  • klare und rasche Entscheidungsabläufe und
  • die optimale Nutzung von Kompetenz, Sachkunde und Erfahrung.

Es hat sich bewährt, dass ein Mitglied des Presbyteriums oder des Kirchenvorstandes als Energiebeauftragter benannt wird, der sich dem Thema intensiv widmen kann und in alle baulichen und energierelevanten Entscheidungen einbezogen wird. Sinnvoll ist auch eine Zusammenfassung mit anderen umweltrelevanten Engagements der Gemeinde; in diesem Fall ist der Energiebeauftragte gleichzeitig der Umweltbeauftragte.

Managementsysteme und nachhaltiger Einkauf

Mit der Benennung eines Energie- und Umweltbeauftragten ist der erste Schritt getan, Umwelt- und Klimaschutz dauerhaft im Gemeindeleben zu verankern. Viele Kirchengemeinden gehen einen weiteren Schritt und installieren ein Umweltmanagementsystem: Es hilft dabei, die anstehenden Aufgaben systematisch zu identifizieren und anzugehen.

In einem Umweltmanagementsystem werden die Zuständigkeiten, Abläufe und Vorgaben zur Umsetzung der Umweltziele festgelegt. Das Umweltmanagementsystem orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen der Kirchengemeinde und an vor gegebenen Normen wie dem Europäischen Umweltmanagementsystem EMAS (Environmental Management and Audit Scheme, besser bekannt als Öko-Audit).

Die Einführung eines Managementsystems hat viele Vorteile, vor allem das systematische Vorgehen: Die entscheidende Eigenschaft solcher Systeme ist, dass sie Umweltschutzfragen systematisch in allen Bereichen der Kirchengemeinde überprüfen. Oft werden den Kirchengemeinden für ein strukturiertes Vorgehen Checklisten zur Verfügung gestellt. Außerdem bekommen Klimaschutzthemen eine breite Basis und Rückhalt quer durch die Gemeinde, weil die Managementprogramme in der Regel die Bildung von Umwelt- oder Energieteams fordern. Deren Mitglieder sind wiederum in anderen Gruppen oder an anderer Stelle in der Gemeinde aktiv, und in einer Art "Schneeballeffekt" wird der Umweltschutzgedanke in die Gemeinde getragen.

Ohne Unterstützung geht es nicht

Das in Kirchengemeinden am weitesten verbreitete Umweltmanagementsystem ist der "Grüne Hahn", der in Süddeutschland unter dem Namen "Grüner Gockel" bekannt ist: Rund 400 Gemeinden sind inzwischen daran beteiligt. Der "Grüne Hahn" ist eine speziell auf die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen von Kirchengemeinden angepasste Version des Europäischen Umweltmanagementsystems EMAS II. Aber auch andere Systeme, wie zum Beispiel "ÖKOPROFIT" oder EMAS II ohne die spezielle Adaption für Kirchengemeinden, können erfolgreich in Kirchengemeinden umgesetzt werden.

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Von entscheidender Bedeutung ist die Unterstützung, die die Kirchengemeinden durch die Bistümer und Landeskirchen bei ihren Aktivitäten zum Klimaschutz erfahren. Die Betreuung der Gebäude erfolgt vor Ort in der Regel durch Ehrenamtliche, die sich erst in die speziellen Anforderungen und Rahmenbedingungen einarbeiten müssen. Entsprechendes Fachwissen ist nur selten schon bei der Amtsübernahme vorhanden. Umso wichtiger ist es, dass seitens der Amtskirchen die entsprechende Hilfestellung geleistet wird – in Form von Fachliteratur, Beratung oder Fortbildungen.

Nachhaltige Beschaffung

Nachhaltig und langfristig senken lässt sich der Energieverbrauch und damit die Klimabelastung, wenn schon bei der Beschaffung sparsame Geräte angeschafft werden. Typisches Beispiel ist der Kühlschrank der Effizienzklasse A++, der zwar beim Kauf erheblich mehr kostet, sich aber nach wenigen Jahren amortisiert hat. Da Klimaschutz und Energieeffizienz aber nicht an den Grenzen der Kirchengemeinde aufhört, sondern auch schon bei der Herstellung der Produkt und ihren Transport beginnt, ist es nur konsequent, den Fokus zu erweitern.

Die Umweltbeauftragten in der Evangelischen und Katholischen Kirche in Deutschland unterstützen mit dem gemeinsamen Projekt "Zukunft einkaufen" die Kirchengemeinden vor Ort. Einen ersten Einstieg in das Thema gibt auch die Broschüre "Effizient wirtschaften, aber kein Sparen an der falschen Stelle!" der Evangelischen Kirche im Rheinland, die im Juni 2010 erschienen ist.


Christian Dahm ist aktives Kirchenmitglied, Berater bei der EnergieAgentur.NRW und Herausgeber von "Energiesparen in Kirchengemeinden - Ein praktischer Leitfaden", München 2011. Oekom Verlag, 150 Seiten, 18,90 Euro.