Grimme-Preis: 12:0 für die Öffentlich-Rechtlichen
Heute wurden die Preisträger des 47. Grimme-Preises bekanntgegeben. Alle zwölf Preisträger kommen in diesem Jahr aus den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Die Verleihung findet am 1. April statt.
16.03.2011
Jannis Kucharz

Elf der zwölf Grimme-Preise gehen in diesem Jahr an ARD-Produktionen und einer ans ZDF. Die privaten Sender gehen diesmal leer aus. Daraus lasse sich aber kein generelles Urteil ableiten, unterstrich Uwe Kammann, Direktor des Grimme-Instituts, bei der Bekanntgabe der Preisträger am Mittwoch in Düsseldorf. Schließlich sei auch Sat.1 mit einigen Produktionen nominiert gewesen.

Neunter Grimme-Preis für Dominik Graf

Als "überragendes Gesamtkunstwerk" hob Institutsdirektor Kammann die zehnteilige Mafia-Serie "Im Angesicht des Verbrechens" (ARD/WDR/ARTE) hervor, für die der Regisseur Dominik Graf seinen neunten Grimme-Preis bekommt. Das ZDF war lediglich mit der Serie "Klimawechsel" über Frauen in den Wechseljahren erfolgreich. Die in der Kategorie "Unterhaltung" ausgezeichnete erste TV-Produktion von Doris Dörrie zeige, dass man auch sperrige Themen in ungewöhnlichen Formaten behandeln könne, sagte Kammann.

In der Kategorie "Fiktion" wird neben "Im Angesicht des Verbrechens" auch die von Christian Zübert inszenierte "Tatort"-Folge "Nie wieder frei sein" (ARD/BR) ausgezeichnet, die das Thema Schuld und Selbstjustiz behandelt. Einen Preis erhalten zudem die Romanverfilmung "Neue Vahr Süd" (ARD/WDR/RB) von Hermine Huntgeburth, das Sozialdrama "Keine Angst" (ARD/WDR) von Aelrun Goette und das Kriminaldrama "In aller Stille" (ARD/BR) von Rainer Kaufmann.

Kurt Krömer besonders vieschichtig

Neben "Klimawechsel" geht der Grimme-Preis in der Kategorie "Unterhaltung" an "Krömer - Die internationale Show" (RBB). Der Komiker Alexander Bojcan habe mit Kurt Krömer eine Figur geschaffen, deren Vielschichtigkeit sich einfach nicht erschöpfe, urteilte die Jury.

In der Kategorie "Information & Kultur" geht ein Preis an den Film "Aghet - Ein Völkermord" (ARD/NDR), in dem Eric Friedler die Geschichte des Genozids an den Armeniern behandelt. In dem ebenfalls ausgezeichneten Beitrag "Iran Elections 2009" (WDR/ARTE) thematisiert Regisseur Ali Samadi Ahadi die Protestbewegung aus dem Sommer 2009. Der Film gewähre erschreckende Einblicke in den brutalen Staatsapparat, hieß es.

Publikumspreis für "Zivilcourage"

Die Produktion "Anwälte - Eine deutsche Geschichte" (WDR/NDR/RBB/ARTE) verbindet nach Ansicht der Jury aufschlussreich deutsche Zeitgeschichte mit der Lebensgeschichte der einstigen Weggefährten Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Horst Mahler. Weitere Preise in der Kategorie Information gehen an Andreas Dresen und Johannes Unger für "20x Brandenburg" (RBB), das in 20 Kurzepisoden intime Einblicke in das Bundesland Brandenburg bietet, und an Lutz Pehnert für seine Dokumentation "DDR Ahoi!" (ARD/MDR/NDR) über die Geschichte der DDR als Seefahrernation.


Den Publikumspreis der Marler Gruppe erhält der Fernsehfilm "Zivilcourage" (ARD/WDR) von Dror Zahavi, in dem Götz George einen Antiquar mit 68er-Hintergrund spielt, der sein Weltbild infrage stellen muss. Mit dem Eberhard-Fechner-Förderstipendium der VG Bild-Kunst wird Robert Thalheim für "Am Ende kommen Touristen" (ZDF) ausgezeichnet. Der Film handelt von einem Zivildienstleistenden in Auschwitz.

Kritik an schlechten Sendeplätzen für Dokumentationen

Jury-Mitglied Ingrid Schöll kritisierte die teilweise späten Sendeplätzen guter Dokumentationen. "Man kann Zuschauer auch entwöhnen, wenn man gute Sendungen immer nur nach hinten packt", sagte die Direktorin der Volkshochschule Bonn.

Kammann bescheinigte dem Fernsehjahr 2010 insgesamt "eine ganze Reihe herausragender Sendungen" zu überragenden Themen und mit beeindruckenden individuellen Einzelleistungen sowie eine anhaltend hohe Professionalität.

Thomas Gottschalk wird durch die Gala führen

Die Verleihung der undotierten Fernsehpreise findet am 1. April im Theater der Stadt Marl statt, wo auch der Entertainer und Talkmaster Thomas Gottschalk die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands für herausragende Verdienste um das Fernsehen erhalten wird. Als Moderator wird Helmar Willi Weitzel ("Willi will's wissen") durch die Preis-Gala führen.

Der undotierte Grimme-Preis gilt als wichtigster deutscher Fernsehpreis. Die begehrte Auszeichnung wurde auf Initiative des Marler Bildungsexperten Bert Donnepp vom Deutschen Volkshochschul-Verband gestiftet und 1964 erstmals verliehen. Sie ist nach Adolf Grimme benannt, der von 1948 bis 1956 Generaldirektor des damaligen Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) war.

epd