"Wie im Katastrophenfilm": Ausländer fliehen aus Japan
Die Ausländer fliehen aus Japan, Hauptsache weg. Die Fluglinien schlagen aus der Katastrophe Profit: Die Flugtickets nach Europa werden teurer, teilweise unbezahlbar.
16.03.2011
Von Ivonne Marschall

Der Kontrast könnte nicht größer sein. In der Bahnhofshalle in Kyoto ist es ein Tag wie jeder andere. Lachende Schülerinnen in ihren Faltenröcken und Kniestrümpfen vergleichen ihre neuesten Schnäppchen. Nur wenige Meter weiter am Bahnsteig 30 drängen sich nervöse Gaijins - also Ausländer - in den Flughafenexpress nach Osaka.

Sie wollen nur eins - raus aus Japan nach der Erdbebenkatastrophe und der Strahlungsgefahr, die vom beschädigten Kernkraftwerk Fukushima ausgeht.

"Es ist wie in so einem Katastrophenfilm. Ich hab mir früher immer gedacht, so was passiert doch nicht", sagt eine Reisende. Die Italienerin versucht nun mit ihren zwei Töchtern Japan zu verlassen. Ihr deutscher Mann bleibt vorerst zurück. "Wir haben gestern gesagt - wir müssen hier raus. Wegen der Kinder."

"Es ist alles so schade. Wir waren erst seit zwei Monaten hier und hatten uns gerade eingelebt", sagt sie. Die siebenjährige Marlene sieht die positive Seite: "Ich vermisse immer noch meine Freundin in Deutschland. Die sehe ich ja jetzt wieder."

"Das Risiko zu bleiben, ist es einfach nicht wert", meint der US-Bürger Frank, der seine Zelte in der Stadt Nagoya abgebrochen hat. "Man kann die Strahlung nicht sehen und nicht fühlen." Am Kansai Flughafen in Osaka herrschen - typisch Japanisch - Ruhe und Gelassenheit. Verglichen mit Bildern aus der Krisenregion wirkt die Stimmung beinahe surreal. Kein Gedränge, klassische Musik klingt sanft aus den Lautsprechern in der Abflugshalle, Reisende sitzen bei Kaffee und Kuchen.

Allerdings sind viele Flüge dicht, die Wartelisten lang. Noch dazu sind die Flugpreise laut Angaben von Reisenden und europäischen Botschaften massiv gestiegen; das vielleicht rettende Ticket ist nicht bezahlbar. "Das ist echt eine Schweinerei", sagt eine deutsche Reisende. Eine Fluglinie verlangte mehr als 5.000 Euro für ein Ticket nach Asien. Ein Lufthansa-Flug bringt sie nun erheblich günstiger nach München.

Auch manchen Japanern wird die Lage im Atomkraftwerk Fukushima mittlerweile zu brenzlig. Sie schlagen sich per Zug, Bus oder Auto in den Südwesten und nach Kyushu durch, der südlichsten der vier Hauptinseln Japans. Kyushu gilt als sicher.

dpa