Bevölkerungsschwund macht ländlichen Regionen zu schaffen
Der Bevölkerungsschwund in Deutschland wird laut einer Studie das Leben besonders in den ländlichen Regionen gravierend verändern. Das Ende des demografischen Wachstums bedeute auch das Ende des wirtschaftlichen Wachstums, sagte Reiner Klingholz, Leiter des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung.

Seit ihrem Höchststand im Jahr 2002 sei die Einwohnerzahl Deutschlands bereits um rund 800.000 auf knapp 82 Millionen Menschen 2010 gesunken. Derzeit hat sich der Bevölkerungsschwund auf 200.000 jährlich eingependelt. Bis 2050 prognostizieren Wissenschaftler und Statistiker einen Gesamtverlust von zwölf Millionen Einwohnern. Hauptursachen sind die fortschreitende Überalterung der Bevölkerung, die zu niedrige Geburtenrate von durchschnittlich 1,3 Kindern pro Frau und die geringe Zuwanderung.

Die Studie ist nach 2004 und 2006 die dritte Untersuchung des Berlin-Instituts zum demografischen Wandel. Immer deutlicher zeigten sich dabei schon heute die demografischen Verwerfungen in den ländlichen Gebieten in Ost und West, sagte Klingholz.

Einige Lücken können durch ein Ehrenamt gefüllt werden

Rund die Hälfte aller Landkreise und kreisfreien Städte habe seit 2002 mehr als ein Prozent der Einwohner verloren, viele von ihnen, vor allem im Osten, sogar deutlich mehr. Viele der so entstanden Lücken, beispielsweise der Betrieb einer Bibliothek, können nach Ansicht der Wissenschaftler durch ehrenamtliches Engagement gefüllt werden. Das setze allerdings einen Paradigmenwechsel in Politik und Verwaltung voraus.

Es gibt laut Klingholz aber auch Profiteure dieser Entwicklung. Das sind neben den Städten, in die sich die Menschen wegen einer funktionierenden Infrastruktur oder breiten kulturellen und sozialen Angeboten immer stärker zurückziehen werden, auch die Ballungsräume in Bayern und Baden-Württemberg. "Der Süden profitiert vom Leid der anderen", sagte Klingholz.

Ländliche Boom-Regionen liegen vor allem in Süddeutschland

Von den 20 attraktivsten Landkreisen und kreisfreien Städten liegen 15 in Bayern. Drei weitere liegen in Baden-Württemberg und zwei im Osten Deutschland: Potsdam (Brandenburg) auf Platz 9 und Jena (Thüringen) auf Platz 13. Die positiven Zahlen für die Boom-Regionen im Süden gründeten häufig auch auf einem "demografischen Klau", so Klingholz. Junge Menschen aus dem Osten, vor allem junge Frauen, ziehen dorthin, weil sie in ihrer Heimatregion keine Perspektive sehen.

Unter den unattraktivsten 20 Landkreisen und kreisfreien Städten liegen 13 im Osten Deutschlands darunter besonders Regionen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. So nimmt den letzten Platz der Kreis Uecker-Randow im Vorpommern ein. Vertreten sind aber auch Städte und Kreise aus Nordrhein-Westfalen wie Gelsenkirchen, Recklinghausen, Herne, aus der niedersächsischen Harz-Region, Bremerhaven oder Lübeck.

epd