Merkel nimmt sieben Meiler "vorübergehend" vom Netz
Die japanische Reaktorkatastrophe und die wachsende Anti-Atom-Bewegung in Deutschland zwingen die Bundesregierung zum Handeln. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verständigte sich mit den Ländern darauf, dass die sieben vor 1980 gebauten Kernkraftwerke vorübergehend abgeschaltet werden. Das betrifft allerdings nur die drei Monate, in denen die Laufzeitverlängerung ausgesetzt wird.

Merkel hatte am Dienstagvormittag in Berlin mit den Ministerpräsidenten der Länder über die Atomkraftwerke beraten. Die vorübergehende Abschaltung betrifft die AKW Neckarwestheim I, Philippsburg I (Baden-Württemberg), Biblis A und B (Hessen), Isar I (Bayern), Unterweser (Niedersachsen) und das ohnehin stillstehende AKW Brunsbüttel (Schleswig-Holstein). Zudem bleibt das 1983 ans Netz gegangene und nach Pannen abgeschaltete AKW Krümmel in Schleswig-Holstein abgeschaltet.

Damit werden in Deutschland in den nächsten drei Monaten nur noch neun von 17 Atomkraftwerken Strom liefern. Die Reaktoren lieferten zuletzt rund 23 Prozent des Stroms in der Bundesrepublik. Offen blieb allerdings zunächst, ob die nun beschlossene Abschaltzeit später angerechnet wird und die Meiler damit länger als vereinbart laufen können. Unklar ist auch, was sich durch die Geschehnisse in Japan an der Sicherheitslage der deutschen Atomkraftwerke geändert hat. Die vom Netz gehenden, aber auch die anderen Anlagen sollen nun eingehenden Sicherheitschecks unterzogen werden.

"Zäsur in der Geschichte der technisierten Welt"

Nach Einschätzung der Bundeskanzlerin handelt es sich bei den Vorgängen in Japan um eine "Zäsur in der Geschichte der technisierten Welt". Der Austritt von Radioaktivität in Folge des Erdbebens und des Tsunamis habe gezeigt, dass die "Auslegung des Kraftwerks auf die Naturgewalten nicht ausreichend war". Dies sei der Grund für die aktuellen Entscheidungen. Bund und Länder gehen davon aus, dass sie rechtliche Handhabe für ihre Maßnahmen haben.

Die Kanzlerin hatte am Montag eine dreimonatige Aussetzung der von Union und FDP beschlossenen Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke angekündigt. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sprach von einem "emotionalen Ausnahmezustand" für die Bürger angesichts der Bilder von der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima. In Baden-Württemberg wird am 27. März ein neuer Landtag gewählt. Die regierende CDU/FDP-Koalition muss um ihre Mehrheit fürchten.

dpa/evangelisch.de