Jeder fünfte Pfarrer leidet an Burn-out
Schlafstörungen, das Gefühl der Aussichtlosigkeit und psychosomatische Kopf- und Rückenschmerzen: Immer mehr Menschen in Deutschland sind vom Burn-out-Syndrom betroffen. Gerade auch evangelische Pfarrer bleiben von der totalen Erschöpfung nicht verschont. 20 Prozent von ihnen, so schätzen Fachleute, werden durch beruflichen Stress krank.
14.03.2011
Von Michael Grau

Schätzungsweise fünf Prozent der Theologen entwickelten sogar ein Burn-out-Syndrom mit Zuständen totaler Erschöpfung, erläutert der Pastoralpsychologe Andreas von Heyl im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Als Ursachen nannte er eine überbordende Arbeitsbelastung und einen hohen Erwartungsdruck. Heyl lehrt als Privatdozent an der Kirchlichen Hochschule in Neuendettelsau bei Ansbach in Bayern.

Der Experte betonte jedoch auch: "Weit über 50 Prozent der Pfarrer versehen ihren Dienst mit Lust und Liebe und ohne gesundheitliche Probleme." Pastoren sähen sich heute mit einer Vielzahl unterschiedlicher Erwartungen konfrontiert. Die einen wollten eine Art Entertainer, andere fänden, dass er besonders für die Altenheime oder die Jugend da sein müsse. "Heute soll der Pfarrer eine eierlegende Wollmilchsau sein." Auf diesen Druck reagierten manche Pastoren psychosomatisch, zum Beispiel mit Rückenproblemen oder Kopfschmerzen.

Mehr als 60 Wochenstunden

Gemeindepastoren arbeiteten heute im Durchschnitt 63 bis 64 Stunden pro Woche, sagte er: "Ein Großteil davon findet in Zeiten statt, an denen andere Menschen mit der Familie zu Hause sind, also abends und am Sonntag." Die Hälfte der Tätigkeit bestehe aus Organisieren oder der Verwaltung von Immobilien. "Das zermürbt einen Pfarrer, dafür hat er nicht Theologie studiert." Hinzu komme ein Traditionsabbruch: "Was den Pastor mit Begeisterung erfüllt, interessiert immer weniger Menschen. Er muss heute mehr werben und trommeln."

Heyl riet den Pastoren, bei stressbedingten gesundheitlichen Problemen das offene Gespräch mit Fachleuten zu suchen. Sie müssten lernen, auf sich selbst zu achten und Entspannungszeiten einzuplanen. Auch die Kirche als Arbeitgeber sei gefragt: "Sie muss damit aufhören, bei gleicher Arbeitsmenge Geld beim Personal zu sparen."

epd