Warnung vor Zuspitzung in Islamdebatte
Der neue Bundesinnnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erntet mit seiner These, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, mehr Widerspruch als Zustimmung. Vertreter aus Politik und Religionsgemeinschaften riefen zur Mäßigung auf. Der Zentralrat der Muslime erklärte die Debatte für beendet.

"So wichtig die Geschichte ist, derzeit gilt es, nach vorne zu schauen", sagte der Vorsitzende des Muslim-Zentralrats, Aiman Mazyek, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Der Zentralrat habe in einem Brief an Friedrich deutlich gemacht, dass ihm der Dialog wichtig sei. "Dass wir in der Frage des Einflusses des Islams auf die europäische Geistesgeschichte unterschiedlicher Meinung sind, sollte uns nicht daran hindern", heißt es in dem Schreiben an den CSU-Politiker.

Könne jemand seine Ansicht gut begründen, sei es auch "kein Problem", falls er in der historischen Betrachtung zu anderen Schlüssen komme, solange er sich nicht der Gegenwart verschließe. "Da sind die Muslime hierzulande eine nicht mehr wegzudenkende gesellschaftliche Gruppe", betonte Mazyek. Die politische Entwicklung in Nordafrika habe das Islambild in Deutschland drastisch verbessert. "Durch die Revolutionen scheint die Angst vor dem bösen Muslim Risse bekommen zu haben". Islamfeindliche "Hohepriester" hätten es nun schwerer, Gehör zu finden.

Schriftsteller Kermani äußert Besorgnis

Der muslimische Autor Navid Kermani zeigte sich indes besorgt über Friedrichs Äußerung. "Wie sollen wir unseren Kindern erklären, dass Deutschland ihre Zukunft ist, wenn der Innenminister das Gegenteil erklärt?" sagte er bei der Entgegennahme der Buber-Rosenzweig-Medaille am Sonntag in Minden. Der Preis wird von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit verliehen. Er ging erstmals an einen Muslilm.

Bundestagspräsident Lammert warnte vor einer "unnötigen Zuspitzung" in der Debatte über den Islam. Er verstehe die Kontroverse nicht, sagte Lammert am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Bei vernünftiger Betrachtung könne man nicht bestreiten, dass in Deutschland viele Menschen muslimischer Glaubensüberzeugung lebten und dass "insofern der Islam in Deutschland angekommen ist".

Ähnlich argumentierte der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann. Der Islam sei heute "ganz sicher ein wichtiger Teil von Deutschland", sagte er der "Bild am Sonntag". Kulturhistorische Debatten führten nicht weiter, und "possessive Obsessionen auch nicht". Es könne aber andererseits nur schwer bestritten werden, dass der Islam in der Vergangenheit Deutschland nicht so stark geprägt habe wie Christentum oder Judentum.

Söder: Handschrift der CSU nötig

Unterdessen hob Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) die führende Rolle der CSU in der Islamdebatte hervor. Es sei gut dass der Bundesinnenminister "bereits einen klaren Beitrag zum Islam" gesetzt habe, sagte Söder dem Nachrichtenmagazin "Focus". Vor allem in der Integrationsdebatte brauche es die klare Handschrift der CSU.

Friedrich hatte Anfang März kurz nach seiner Ernennung erklärt, dass der Islam zu Deutschland gehöre, lasse sich "auch aus der Historie nirgends belegen". Zugleich hatte er unterstrichen, Muslime in Deutschland gehörten als Bürger selbstverständlich zu diesem Land.

epd