TV-Tipp: "Schandmal - Der Tote im Berg" (ZDF)
Die Zusgpitze als Kulisse: Als in einer Steilwand der leblose Körper eines Mannes entdeckt wird, soll Thomas Hafner (Max Riemelt), Polizist und Kletterspezialist, die Leiche bergen.
11.03.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Schandmal - Der Tote im Berg", 14. März, 20.15 Uhr im Zweiten

Nach der Küstenregion und dem norddeutschen Flachland probiert das ZDF nun die Alpen als Krimischauplatz aus; und auch das funktioniert. Ähnlich wie im Heimatfilm, in dem Berge und Natur gern dramaturgisch in die Handlung eingebunden werden, ist die Zugspitze auch in "Schandmal" nicht einfach bloß pittoreske Kulisse: Als in einer Steilwand der leblose Körper eines Mannes entdeckt wird, soll Thomas Hafner (Max Riemelt), Polizist und Kletterspezialist, die Leiche bergen. Clever schürt Regisseur Thomas Berger, Schöpfer von "Kommissarin Lucas" und für "Wir sind das Volk" mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet, schon in dieser Einführung eine Spannung, die den Film auch über die weniger fesselnden Momente hinwegträgt.

Späte Rache?

Erst stellt Hafner fest, dass er den Mann kennt; dann greift der vermeintliche Tote nach seinem Arm – und schließlich stürzen beide ab, als sein Kompagnon Grauper (Ralph Herforth) einen Fehler macht. Hafner ist zum Glück gesichert, doch der andere fällt in den Tod. Grauper beschwört den Kollegen, den Vorfall nicht zu melden, weil er sonst seinen Job verliert. Das rächt sich später, als die Münchener Kommissarin Hanna Weiß (Katja Flint) und ihr Partner Gollnick (Tobias Oertel) rausfinden, dass es zwischen Hafner und dem toten Bruckmeier eine Art Erbfeindschaft gibt: Vor zehn Jahren hat Bruckmeier Hafners Vater beschuldigt, seine Frau (Liane Forestieri) vergewaltigt zu haben. Fortan wurden die Hafners wie Aussätzige behandelt, was ein weithin sichtbares Schandmal an der Scheune auch Fremden kundtat. Als sich rausstellt, dass Bruckmeier Opfer eines Mordversuchs war, muss es so aussehen, als habe Sohn Thomas späte Rache genommen.

Das Drehbuch (Stefan Holtz, Florian Iwersen) ergänzt die Handlung um weitere Elemente, die der Wahrheitsfindung zum Teil nur bedingt dienen. Die Kommissarin zum Beispiel erholt sich von einer Brustoperation und schöpft aus den Avancen, die ihr der junge Kollege macht, neuen Lebensmut. Naturgemäß behindern ihre Gefühle die Ermittlungen, als Hafner unter Mordverdacht steht. Weitaus besser zum Krimi passt ein Erzählstrang, der ein Motiv für die Ermordung Bruckmeiers ins Spiel bringt: Er arbeitete für eine Seilbahnfirma, deren schlampige Wartungsarbeit offenbar vor einigen Jahren zu einem Unglück geführt hat; jedenfalls entdeckt Hafner in Bruckmeiers Schrank entsprechende Beweise. Aber bevor er sie der Kommissarin übergeben und sich rehabilitieren kann, wird er von der Straße abgedrängt.

Nicht bloß das Panorama, auch die Darsteller sind sehenswert; darunter Herbert Knaup in einer Schlüsselrolle als Leiter des örtlichen Polizeireviers und Schwiegervater des Toten. Ohnehin verstärkt die Tatsache, dass in dem kleinen Ort jeder jeden kennt und viele irgendwie miteinander verwandt sind, die zwischenmenschlichen Spannungen. Und die Auflösung der Geschichte ist durchaus verblüffend. Seltsam nur, dass in diesem sowieso überraschend dialektfreien Film der eingeborene Hafner wie ein Reingeschmeckter klingt. Kein Wunder: Riemelt ist in Berlin groß geworden. Vom Klettern hatte er bis dahin auch keine Ahnung; aber zumindest das überspielt er eindrucksvoll.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).