EU-Staaten und Nato beraten über Lage in Libyen
Die Lage in Libyen steht heute auf der Tagesordnung bei EU und Nato. Machthaber Gaddafi startet eine diplomatische Offensive und setzt Kopfprämien für seinen Gegner Dschalil aus. Ein Ende des blutigen Konflikts ist weiterhin nicht absehbar.

Die Europäische Union und die NATO beraten heute (Donnerstag) in Brüssel über die Lage in dem von einem Bürgerkrieg erschütterten Libyen. Staatschef Muammar al-Gaddafi ging seinerseits diplomatisch in die Offensive und entsandte Emissäre nach Kairo, Lissabon und Brüssel.

EU will härtere Sanktionen

In getrennten Verhandlungen kommen die Verteidigungsminister der 28 Nato-Staaten sowie die Außenminister der 27 EU-Staaten zusammen. Letztere wollen härtere Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime abstimmen.

Neben dem Sperren von weiteren Vermögenswerten ist eine Blockade von Zahlungen für Öllieferungen im Gespräch. Zudem könnte Gaddafi die Immunität aberkannt werden. Dadurch würde ihm der Schutz entzogen, den Staatschefs gewöhnlich genießen.

Mit dem Treffen wird auch der Libyen-Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs an diesem Freitag vorbereitet. Bei ihm soll unter anderem ein Hilfspaket für die Demokratiebewegungen im südlichen Mittelmeerraum beschlossen werden.

Militärisches Eingreifen nur mit UN-Mandat möglich

Bei dem Treffen der Verteidigungsminister wird nicht über die vieldiskutierte Einrichtung einer Flugverbotszone über dem nordafrikanischen Land entschieden. Nach Angaben von Diplomaten wollen die Minister vielmehr Voraussetzungen für ein mögliches militärisches Eingreifen festlegen. Dazu zählt als "eine klare rechtliche Grundlage" ein Mandat des UN-Sicherheitsrates. Zudem müsse es unter anderem eine "starke Unterstützung" aus der Region für einen Militäreinsatz geben.

Ein Vertrauter des libyschen Machthaber wurde am Mittwoch in Lissabon vom portugiesischen Außenminister Luís Amado empfangen, der zuvor die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton konsultiert hatte. Über den Inhalt des Gesprächs von Amado mit dem libyschen Emissär wurde in Lissabon portugiesischen Medienangaben zufolge nichts bekannt. Portugal hat den Vorsitz in dem UN-Komitee, das die Umsetzung der Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Gaddafis Regime überprüft.

Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete, sollen Vertraute Gaddafis bei der EU und der Nato für die offizielle libysche Position werben. Nach Kairo wurde General Abdurrahman al-Sawi geschickt. Er solle eine Botschaft Gaddafis an die ägyptische Führung überbringen, hieß es. Zudem wolle er den Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, treffen. Die Arabische Liga will am Samstag über die Möglichkeit der Errichtung einer Flugverbotszone reden.

Gaddafi setzt Kopfprämien aus

Die libysche Regierung setzte unterdessen eine Kopfprämie von 500.000 Dinar (knapp 300.000 Euro) für die Ergreifung und Auslieferung des Gaddafi-Gegners Abdul Dschalil aus. 200.000 Dinar wurden für Informationen ausgelobt, die zur Festnahme des ehemaligen Justizministers des Gaddafi-Regimes führen.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will am Donnerstag zwei Vertreter des oppositionellen libyschen Nationalrats empfangen. Bei dem Gespräch mit Mahmoud Jibril und Ali Essaoui gehe es vor allem die humanitäre Lage in Libyen, teilte der Elysée am Mittwoch in Paris mit.

In Libyen geht das Blutvergießen weiter. Bei neuen Gefechten um Ras Lanuf starben mindestens vier Menschen. Der Ölhafen von Al-Sidra wurde nach Angaben der Rebellen schwer beschädigt. Gaddafi selbst trat im Fernsehen auf und beschimpfte die Aufständischen und den Westen.

Bei den Vereinten Nationen ist ein Flugverbot für Libyen stark umstritten. Der Weltsicherheitsrat wolle die Beschlüsse der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union abwarten, die erst Ende der Woche zusammenkommen, hieß es aus diplomatischen Kreisen in New York.

Eine solche Resolution müsste wenigstens neun Stimmen des 15-Länder-Gremiums auf sich vereinen. Keine der fünf Vetomächte (USA, China, Russland, Großbritannien, Frankreich) dürfte Einspruch einlegen. China wie auch Russland haben mehrfach Bedenken geäußert. In Bosnien, dem Kosovo und dem Irak hatte der Sicherheitsrat in den 1990er Jahren Flugverbote verhängt, aber jeweils mit der Stationierung von internationalen Kräften am Boden unterstützt.

dpa