Die Fortsetzung des Karnevals mit anderen Mitteln
Gar nicht dabei und doch überall präsent: Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg war auch beim Politischen Aschermittwoch das Hauptthema. Kurz vor den nächsten Landtagswahlen sparten die Parteien aber auch nicht mit Angriffen auf die politischen Gegner.

Viel Hohn und Spott, aber auch jede Menge Rückendeckung: Die Plagiataffäre und der Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) haben den Politischen Aschermittwoch in Bayern beherrscht. Unter lautem Jubel kündigte CSU-Chef Horst Seehofer an, "alles dafür zu tun", dass Guttenberg rasch wieder politisch aktiv wird. Er wird von Seehofer hochgelobt - und vom Publikum in Abwesenheit mit Beifallsstürmen gefeiert.

"K.-T. zu Guttenberg - Lass' uns nicht im Stich. Die CSU, Bayern und Deutschland brauchen dich!" steht auf einem Plakat, das CSU-Anhänger Hans Haag aus dem mittelfränkischen Cadolzburg gemalt hat. Grüne, SPD und Linke verhöhnten dagegen den Ex-Verteidigungsminister und den Umgang der Union mit der Affäre. "Jetzt wissen sie nicht mehr, wen sie anbeten sollen", sagte Linken-Chef Klaus Ernst in Tiefenbach über die CSU nach dem Guttenberg-Rücktritt.

Die SPD warf der Union Verrat an bürgerlichen Tugenden vor. Ihr Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte bei der SPD-Kundgebung in Vilshofen vor rund 400 Anhängern, wenn "Lug und Trug" die heutigen bürgerlichen Tugenden seien, wolle die SPD damit nichts zu tun haben. "Früher hieß das bei der CSU: Laptop und Lederhose. Heute heißt es: Copy und Paste", spottete er über Guttenbergs Abkupfern von Teilen der Doktorarbeit. Deshalb hatte der Verteidigungsminister vor gut einer Woche seine politischen Ämter niedergelegt.

Seehofer an Guttenberg: "Du bleibst einer von uns!"

Grünen-Chefin Claudia Roth sagte in Landshut in Anspielung auf Goethes Faust, Guttenberg sei "einen Pakt mit dem Zitierteufel eingegangen". Das Ergebnis: "Doktor ade, Minister ade, Glaubwürdigkeit ade", meinte Roth. Auch Linken-Chef Klaus Ernst nahm den "Zitierfehler" Guttenbergs aufs Korn. Im niederbayerischen Tiefenbach sagte er: "Dann kann man künftig Ladendiebstahl als Einkaufsfehler bezeichnen."

Seehofer versicherte unterdessen Guttenberg die Unterstützung der CSU, deren Hoffnungsträger er war. An den abwesenden Ex-Minister gewandt sagte Seehofer in Passau: "Ich rufe Dir im Namen aller Schwarzen zu: Du bist einer von uns, Du bleibst einer von uns, und wir wollen, dass Du wieder zurückkehrst in die deutsche Politik."

Am politischen Aschermittwoch gehört es sich ja, weiß der CSU-Chef, dass man ein bisschen derber ist als sonst - gern auch mal wieder auf Kosten des Koalitionspartners FDP. "Gu-ido ist hier", sagt Seehofer süffisant in seiner Rede in Passau, denn nicht weit weg in Straubing redet der FDP-Vorsitzende, den er seit der Geburt der schwarz-gelben Koalition duzt. "Mittlerweile freut es mich, dass er lieber bei Horsti in Bayern ist als bei Mutti in Berlin." Und weil Horsts Duz-Freund schon zum vergangenen Aschermittwoch in Bayern war, bietet Seehofer ihm an, ihn in Bayern aufzunehmen. "Er ist Vorsitzender der Liberalen in Deutschland, aber sonst liegen keine negativen Informationen vor."

Bei der FDP geht Westerwelle darauf ein: "Ich lese soeben, Horst Seehofer hat in Passau verkündet, er sei bereit, mich in Bayern aufzunehmen", sagt der Außenminister. "Und das verstehen die unter revolutionärer Integrationspolitik." Das ist Westerwelles erster, einziger und letzter Scherz über die CSU an diesem Aschermittwoch. "Ich bin nicht nur liberal", sagt der FDP-Chef zu den 500 bis 600 Zuhörern bei der Aschermittwochskundgebung seiner Partei in Straubing. "Ich bin auch christlich, ich bin sozial, und deshalb wird es im Rest meiner Rede keine einzige Attacke auf die CSU geben." Enttäuschte Seufzer im Publikum.

Ernsthafte Worte zur Islam-Debatte

Mit Blick auf die heiße Wahlkampfphase in mehreren Bundesländern spielten auch andere Themen eine Rolle: CSU-Chef Seehofer betonte die christliche Prägung Deutschlands und verteidigte die Position des neuen CSU-Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich. Mit den größten Applaus gibt es, als sich Seehofer wie so oft gegen übermäßige Zuwanderung aus fremden Kulturkreisen ausspricht. Dagegen werde sich die CSU "sträuben bis zur letzten Patrone". "Dass wir eine Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme bekommen, das wollen wir nicht", schimpft er - und die Menge johlt.

Von Ausländern müsse in Deutschland verlangt werden können, "sich zu unserer Werteordnung zu bekennen und als Erstes die deutsche Sprache zu lernen". Deshalb will Seehofer ein Bekenntnis zur deutschen Sprache in die bayerische Landesverfassung aufnehmen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warnte vor einer Gleichsetzung von Islam und Extremismus. "Islam ist nicht gleich Islamismus", sagte die bayerische FDP-Chefin in Straubing zur Islam-Debatte.

Bei der SPD: Angriffe auf die Kanzlerin

Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth geißelte in Landshut die Islam-Äußerungen von Friedrich. "Es sind doch diese Friedrichs in diesem Land, die nicht angekommen sind." Roth schwor ihre Partei vor allem auf die Landtagswahl in Baden-Württemberg am 27. März ein: "Wir wollen den Machtwechsel schaffen. Es liegt ein Aufbruch in der Luft." Grünen-Bundestagsfraktionschefin Renate Künast sprach im baden-württembergischen Biberach von einer "Schicksalswahl" für die schwarz-gelbe Bundesregierung.

SPD-Chef Sigmar Gabriel ging hart mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ins Gericht. "Merkel hält am liebsten die ganze Bevölkerung zum Narren", sagte Gabriel in Ludwigsburg. So habe sie ihr Versprechen "mehr Netto vom Brutto" gebrochen. SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier und der bayerische SPD-Vorsitzende Florian Pronold verlangten, dass die Menschen von ihren Einkommen auch angemessen leben können müssten. SPD-Chef Gabriel kritisierte, Merkel trage mit ihrer Weigerung, einen Mindestlohn einzuführen, dazu bei, dass die Menschen zusätzlich zu ihrer Arbeit noch Hartz IV beantragen müssten. Gabriel rief den etwa 800 Gästen in Ludwigsburg zu: "Sozial ist nicht, was Arbeit schafft - sozial ist, was Arbeit schafft, von der man leben kann."

dpa