US-Präsident Barack Obama rückt von seiner versprochenen Kehrtwende in der Guantánamo-Politik immer weiter ab. Am Montag gab er grünes Licht für neue Militärverfahren in dem Gefangenenlager auf Kuba, nachdem er die Tribunale unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Januar 2009 ausgesetzt hatte. Die Militärprozesse seien neben Verfahren vor zivilen Gerichten "ein verfügbares und wichtiges Werkzeug im Kampf gegen internationale Terroristen", teilte das Weiße Haus nunmehr mit.
Die neuerliche Zulassung der umstrittenen Militärverfahren ist Teil eines ganzen Katalogs von Maßnahmen, wie die Obama-Regierung künftig den Umgang mit den Häftlingen gestalten will. Der Präsident sei aber weiterhin entschlossen, das Gefangenenlager zu schließen, teilte das Weiße Haus mit. Die beschlossenen Schritte sollen dabei "breitere Möglichkeiten geben, Terroristen vor Gericht zu stellen, unsere Handlungen einer Kontrolle zu unterwerfen und sicherzustellen, dass Gefangene menschenwürdig behandelt werden". Vor dem Amtsantritt Obamas begonnene Militärverfahren in Guantánamo liefen trotz der von ihm verfügten Aussetzung unterdessen weiter.
Keine Freilassung von Terrorverdächtigen auf US-Boden
Obama erließ am Montag zudem eine Exekutivorder, nach der die Inhaftierung bislang nicht angeklagter Terrorverdächtiger wiederkehrend überprüft werden muss. Stelle ein Häftling keine "bedeutende Bedrohung" mehr dar, solle er ins Ausland abgeschoben werden. Eine Freilassung auf US-Boden solle es aber nicht geben.
Das Lager, in dem derzeit noch 172 Gefangene einsitzen, ist ein heißes Eisen in den USA: Obama hatte in einer medienwirksamen Geste zwei Tage nach Amtsantritt im Januar 2009 eine Anordnung unterschrieben, Guantánamo innerhalb eines Jahres zu schließen. Zwar hat er das Versprechen nicht eingehalten. Obwohl Obama am Ziel der Schließung festhält, legt er sich auf ein neues Datum nicht fest.
Aussicht auf Schließung "sehr, sehr gering"
Verteidigungsminister Robert Gates hatte erst kürzlich erklärt, die Aussichten, dass das weltweit kritisierte Lager auf Kuba tatsächlich aufgelöst wird, seien "sehr, sehr gering". Gates begründete dies mit Widerstand im Parlament, die mutmaßlichen Terroristen in Gefängnissen auf dem US-Festland unterzubringen. Außerdem seien nur wenige andere Länder bereit, Guantánamo-Insassen aufzunehmen, sagte der Minister vor einem Kongressausschuss.
Das Lager hatte Obama-Vorgänger George W. Bush nach den Terroranschlägen 2001 errichten lassen. Menschenrechts-Gruppen kritisieren die Haftbedingungen und die Tatsache, dass die allermeisten Gefangenen dort seit vielen Jahren eingesperrt sind, ohne dass die USA Anklage erhoben haben.