Guttenberg-Rücktritt: kein honoriger Akt
Die Ursache für zu Guttenbergs Rücktritt war, dass er seine Doktorarbeit abgeschrieben hat. Niemand anders ist verantwortlich - auch nicht die Medien. Bis zuletzt hat der Ex-Verteidigungsminister sich selbst medial inszeniert. Die Schummel-Vorwürfe hat er nicht aufgeklärt. Ein unvorbildlicher Rücktritt.
01.03.2011
Von Ralf Peter Reimann und Anne Kampf

Karl-Theodor zu Guttenberg ist zurückgetreten. Der durch die Medien aufgebaute Druck war zu groß - es war ihm unmöglich, durchzuhalten. Der Verteidigungsminister konnte sich nicht mehr wirkungsvoll verteidigen, deshalb zog er die Notbremse und wählte den Rücktritt zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten und des Amtes. Fürsorglich bestellte er vorher noch sein Haus und wählte mit Umsicht den Zeitpunkt des Rücktritts so, dass Meldungen zu seiner Person nicht die Berichterstattung um die drei in Afghanistan gefallenen Soldaten in Schatten stellen würden. Ein honoriger Minister – dem das Wohl anderer am Herzen liegt und der in seinem Amt von den Medien zu Fall gebraucht wurde.

Dieses – zugegeben etwas überspitzt gezeichnete - Bild vermittelte zu Guttenberg in seiner Rücktrittspressekonferenz.

Wenn jemand zurücktritt, tritt man nicht nach. Es fällt jedoch schwer, diesen Rücktritt zu Guttenbergs als honorigen Akt einzuordnen und damit die Causa Guttenberg abzuschließen.

Die Medien sind nicht schuld

Der Medienstar hat seinen Rücktritt medial so inszeniert, dass der wackere Kämpfer für die Belange der Soldaten das Opfer der Medien ist. Doch sein Versuch, das Schlamassel auf die Medien abzuschieben, ist nicht fair: Die Medien haben die Aufgabe, Politikern auf die Finger zu schauen! Der Überbringer einer (schlechten) Nachricht ist nicht an ihr schuld.

Als Grund für das Zögern gab zu Guttenberg an, er habe sich erst noch Zeit nehmen wollen, die drei toten Soldaten zu Grabe zu tragen. Die missbraucht er allerdings durch seine Argumentation - denn es ist allzu deutlich, dass es ihm nicht um die gefallenen jungen Männer ging, sondern um sein eigenes Ansehen als Verteidigungsminister.

Ein Rücktritt in der Politik zeigt an, dass jemand Verantwortung übernimmt. Politische Verantwortung bedeutet, eigene Fehler einzugestehen und deutlich zu machen, dass es eben Fehler waren. Politiker sind schon zurückgetreten, weil andere Fehler begangen haben, die ihnen aber politisch zuzurechen waren.

"Fehler und Schwächen"?

Hat zu Guttenberg Fehler gemacht? Wenn man ihn selbst sprechen hört, eigentlich nicht – außer dass er versehentlich Fußnoten und Zitate nicht richtig ausgewiesen hat, eigentlich nur Unachtsamkeiten. In der Rücktrittserklärung selbst sagte er nur, er stehe zu seinen "Fehlern und Schwächen". Das reicht nicht.

Seine Kritiker nennen ihn einen Betrüger, der bewusst getäuscht und fremde Leistungen als eigene ausgegeben habe. Der Rücktritt hätte eine Chance geboten, Fehler einzugestehen. Zu sagen: "Ich war es. Ich habe abgeschrieben." Mit seinen statt dessen gewählten halb-ehrlichen Formulierungen bleibt zu Guttenberg unglaubwürdig.

Ursache für seinen Rücktritt ist und bleibt, dass seine Dissertationsschrift ein Plagiat ist. Hätte er in seiner Doktorarbeit nicht abgeschrieben, wäre er heute noch immer der populärste Bundesminister. Der Rücktritt ist daher eine Fortsetzung, wie zu Guttenberg mit den Vorwürfen umgeht. Zuerst ließ er die Plagiatsvorwürfe als abstrus dementieren, dann auf versehentlich nicht gesetzte Fußnoten reduzieren. Außerdem bemühte er familiären Druck als Entschuldigung für angeblich handwerkliche Fehler, und nun ist der mediale Druck Grund für seinen Rücktritt. Immer schiebt er die Ursache auf andere(s) ab.

Vorschusslorbeeren verschossen

Wem dient der Rücktritt? Sicherlich der Öffentlichkeit. Nun ist deutlich, dass Schummelei in der Wissenschaft kein Kavaliersdelikt ist, und in der Politik zeigt sich, dass man nicht Amt und Person beliebig aufteilen kann.

Dient der Rücktritt auch zu Guttenberg? Wäre der Minister direkt nach Bekanntwerden der Vorwürfe zurückgetreten, hätte er das Abschreiben zugegeben, dann hätte er tatsächlich Verantwortung für eigene Fehler übernommen und wäre ein Vorbild geblieben. Vorbild ist man nicht, weil man keine Fehler begeht, sondern man kann gerade auch im Umgang mit Fehlern zum Vorbild werden. Vertuschung und Salami-Taktik beim Zugeben von Vorwürfen ist gewiss nicht vorbildlich.

Der Rücktritt war daher absolut richtig, aber viel zu spät. Die Vorschusslorbeeren, die zu Guttenberg als beliebter und begabter Politiker hatte, die hat er verschossen. So hat er sich letztendlich selbst demontiert und alles verloren. Schade!


Ralf Peter Reimann ist Pfarrer und arbeitet bei evangelisch.de.

Anne Kampf ist Redakteurin bei evangelisch.de und zuständig für die Ressorts Politik und Gesellschaft.