Erdogan bekräftigt: Integrieren, aber nicht Assimilieren
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat sich in Düsseldorf erneut strikt gegen eine allzu starke Anpassung der Türken in Deutschland gewandt.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat den aus Libyen geretteten Türken die Unterstützung und den Schutz ihres Heimatlandes zugesagt. Bei einem Auftritt am Sonntagabend in Düsseldorf sagte er vor rund 11.000 türkischstämmigen Migranten, auch die vor dem Bürgerkrieg in Libyen geflohenen Landsleute stünden "unter der Garantie eines großen Staates, der Türkischen Republik". Unter dem Beifall der Zuhörer fügte Erdogan hinzu, der türkische Staat sei auch für die in Deutschland lebenden Türken mit all seinen Möglichkeiten da, werde sie unterstützen und schützen.

Erdogan warnt vor Ausländerfeindlichkeit

Der türkische Ministerpräsident warnte in seiner gut zweistündigen Rede auch vor einer nach seinen Worten wachsenden Ausländerfeindlichkeit in Deutschland. Dies werde in der Türkei mit "erheblicher Beunruhigung" beobachtet. Der türkische Regierungschef appellierte an deutsche Politiker, diese Ausländerfeindlichkeit nicht noch "aufzubauschen." Stattdessen mahnte er die politisch Verantwortlichen in Deutschland und in der Türkei, sich um gegenseitiges Verständigung zu bemühen.

Erdogan, der immer wieder vom Jubel seiner Landsleute unterbrochen wurde, bedauerte in seiner Rede die allgemein zunehmende negative Stimmung gegenüber dem Islam. Er verurteilte in dem Zusammenhang eine mögliche Islamophobie in Deutschland. Eine solche sei ebenso wie der Rassismus "ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit." Der türkische Ministerpräsident rief Deutsche und Türken in der Bundesrepublik dazu auf, sich gegenseitig zu respektieren und zu achten.

Integration, aber keine Assimilation

Auch sprach sich Erdogan gegen Assimilation der in Deutschland lebenden Türken aus und erneuerte damit seine 2008 bei einem ähnlichen Auftritt in Köln ausgesprochene Warnung an seine Landsleute in Deutschland, Assimilation sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. "Ihr sollt euch natürlich in die deutsche Gesellschaft integrieren. Aber ich sage Nein zur Assimilation", betonte Erdogan in Düsseldorf. Unterschiedliche Kulturen sollten stattdessen als Chance und als Reichtum betrachtet werden.

Die Rede des türkischen Ministerpräsidenten im ISS Dome fand unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen der Polizei statt. Laut Angaben eines Polizeisprechers vom Abend gab es insgesamt drei Gegendemonstrationen. Neben rund 600 Mitgliedern der kurdischen Jugend waren auch etwa 200 Mitglieder der assyrischen Gemeinde und rund 80 Mitglieder der rechtsgerichteten Partei "Pro NRW" gegen Erdogan auf die Straße gegangen. Alle drei Kundgebungen verliefen nach Polizeiangaben friedlich.

Neue Debatte um türkischen EU-Beitritt

Seinen letzten großen Auftritt in Deutschland hatte der türkische Regierungschef im Jahr 2008. Damals sprach er in Köln vor rund 20.000 überwiegend türkischen Zuhörern. Der 57-Jährige ist außerdem Chef der von ihm mitbegründeten islamisch-konservativen Partei AKP. Die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die Erdogans Partei nahe steht, hatte die Veranstaltung in Düsseldorf organisiert.

Im Vorfeld seinem neuen Deutschlandbesuch hatte der türkische Ministerpräsident eine neue Debatte über den EU-Beitritt der Türkei entfacht. Erdogan sagte der "Rheinischen Post" (Samstagsausgabe), die türkische Bevölkerung erwarte, dass Deutschland "innerhalb der EU eine Vorreiterrolle bei den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einnimmt". Sein Land werde bei den Verhandlungen mit der EU bisher offen diskriminiert.

epd