Tschechischer Schriftsteller Arnost Lustig gestorben
Das Schaffen von Arnost Lustig war zeitlebens durch die Beschäftigung mit dem Holocaust geprägt. Er selbst hatte die Konzentrationslager der Nationalsozialisten überlebt. Jetzt ist der tschechische Schriftsteller Arnost Lustig im Alter von 84 Jahren in Prag gestorben. Das bestätigten Vertreter seines Verlags.
27.02.2011
Von Michael Heitmann

Der Autor, der mehrfach für den Literaturnobelpreis gehandelt wurde und dessen Bücher auch auf Deutsch erschienen sind, erlag am Samstag einer Leukämie-Erkrankung. "Ich denke an ihn, an sein charakteristisches Lachen und seinen unerschütterlichen Optimismus", ließ der Schriftsteller und frühere Staatspräsident Vaclav Havel mitteilen.

Als Jugendlicher überlebte Lustig die Konzentrationslager Theresienstadt, Auschwitz und Buchenwald. Beim Transport in das Lager Dachau gelang ihm die Flucht. Sein Vater starb in Auschwitz. Lustigs furchtbare Erlebnisse gaben den Anstoß zu mehr als einem Dutzend Romanen, Erzählungen und Drehbüchern, die den Holocaust und die menschenverachtende NS-Herrschaft anprangern. "Jeder Autor kann nur über das schreiben, was ihm vertraut ist, was unter seiner Haut steckt", sagte Lustig einmal. Er debütierte mit den Erzählbänden "Nacht und Hoffnung" 1957 und "Diamanten der Nacht" im folgenden Jahr, die beide als Vorlagen für Filme dienten.

"Deine grünen Augen"

Einer seiner letzten Romane erschien 2007 in deutscher Übersetzung im Berlin-Verlag. "Deine grünen Augen" thematisiert die Zwangsprostitution unter der Nazi-Herrschaft. Protagonistin ist die 15-jährige jüdische Gefangene Hanka Kaudersova, die in einem Feldbordell deutsche Soldaten bedienen muss. Es sei ein wichtiger Roman, der aber auch zeige, dass die literarische Darstellung des Holocaust eine "ästhetische, politische und emotionale Gratwanderung" ist, schrieb ein Rezensent.

Lustigs Bücher, die in Tschechien zum Schulkanon gehören, sind keine leichte Lektüre. Immer wieder wirft der Autor Fragen darüber auf, wie sich Menschen in Extremsituationen auf Leben und Tod verhalten. Lustig zeigt, wie es den Opfern der nationalsozialistischen Willkürherrschaft gelingt, aufgrund einer inneren Kraft allen Erniedrigungen zum Trotz ihre Würde zu bewahren.

Chefredakteur des tschechischen "Playboy"

Nach dem Krieg arbeitete Lustig zunächst als Journalist für Zeitungen und den Rundfunk der damaligen Tschechoslowakei. Als Reporter berichtete er 1948 über den israelisch-arabischen Krieg. Nach der Zerschlagung des Prager Frühlings 1968 emigrierte er nach Israel und zog dann in die USA, wo er an der American University in Washington einen Lehrstuhl für Literatur, Film und Judaistik übernahm.

In den 1990er Jahren wirkte der von Bekannten als Lebemann beschriebene Lustig für zwei Jahre als Chefredakteur der tschechischen "Playboy"-Ausgabe. Im Jahr 2003 kehrte er endgültig in seine Heimatstadt Prag zurück. Lustig war mehrmals für den Literaturnobelpreis im Gespräch. Vor drei Jahren erhielt er in Prag den Franz-Kafka-Literaturpreis.

dpa