Gaddafi-Sohn will mit Aufständischen verhandeln
Während die Situation in Libyen am Samstagmorgen zunächst ruhig blieb, verliert Machthaber Muammar al-Gaddafi offenbar immer weiter an Unterstützung. Die Familie kämpft um die letzten Reste ihrer Macht. Der Sohn des Staatschefs, Saif al-Islam, zeigt sich kompromissbereit: Er kündigte eine Aussetzung der Angriffe auf die Regimegegner und Gespräche mit den Aufständischen an.

"Die Armee hat entscheiden, die Terroristen nicht anzugreifen, um ihnen die Möglichkeit für Verhandlungen zu geben", sagte er am späten Freitagabend in Tripolis. Er hoffe, dass dies am Samstag auf friedlichem Wege möglich sei. Zugleich stellte er die rasche Wiederherstellung der staatlichen Kontrolle in den Gebieten im Osten des Landes in Aussicht.

Vereinzelte Zusammenstöße

Die Zahl der Getreuen des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi schrumpft mit jedem Tag offenbar mehr. Am Samstag kontrollierten seine Truppen nur noch wenige größere Städte. Neben der Hauptstadt Tripolis waren dies unter anderem Gadames, Sebha und Gaddafis Heimatstadt Sirte. Nach Angaben von Augenzeugen war es am Samstag früh ruhig in der Hauptstadt nachdem es am Freitagabend zu vereinzelten gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Gaddafis gekommen war.

Die Gaddafi-Familie hatte zuvor widersprüchliche Signale gegeben. Einmal sprach Muammar al-Gaddafi davon, "das Volk" zu bewaffnen. Sein Sohn Saif al-Islam kündigte eine Offensive im Osten des Landes an, wo die Gaddafi-Truppen keinerlei Präsenz mehr haben. Dann wieder war von "friedlichen Lösungen" und Verhandlungen die Rede.

Oppositionelle veröffentlichten im Internet derweil weitere Videos, auf denen angeblich afrikanische Söldner zu sehen sind, die Demonstranten angegriffen haben sollen. Auf einem dieser Videos ist ein Afrikaner in Uniform zu sehen, der in einer Blutlache am Boden liegt. Einige Libyer verhindern, dass ihn andere Demonstranten lynchen.

Verbarrikadiert sich der Gaddafi-Clan?

In den vergangenen Tagen hatten sich noch weitere Weggefährten Gaddafis von ihm losgesagt. Unter ihnen sind Ahmed Gaddaf al-Dam, ein Cousin des libyschen Staatschefs, und Abdulrahman Schalgam, der Botschafter Libyens bei den Vereinten Nationen in New York. Beobachter in Tripolis halten es für möglich, dass sich der Gaddafi-Clan jetzt in der Hauptstadt verbarrikadieren wird. "Das könnte sich noch lange hinziehen", sagte ein Beobachter.

Unterdessen verhängten die USA Sanktionen gegen die libysche Führung. Die Strafmaßnahmen richteten sich gegen das Regime von Staatschef Gaddafi, nicht gegen das libysche Volk, erklärte Präsident Barack Obama am Freitagabend in Washington. Auf Anordnung des Präsidenten sollen die Vermögen der Führungsriege um Gaddafi eingefroren werden, auch die der Kinder des Staatschefs und aller Personen, die an Menschenrechtsverstößen gegen Regierungsgegner beteiligt waren. Die UN wollten noch am Samstag Strafmaßnahmen beschließen. Die EU verständigte sich prinzipiell auf ein Sanktionspaket.

dpa