TV-Tipp des Tages: "Im besten Alter" (ARD)
Eines Tages fischen die beiden Freunde Fred und Klaus eine Schiffbrüchige aus dem Wannsee. Franziska ist angeblich auf den See hinausgerudert, um ihre Situation zu überdenken.
25.02.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Im besten Alter", 3. März, 20.15 Uhr im Ersten

Als das ZDF 2009 die Komödie "Der Stinkstiefel" ausstrahlte, prallten zwei Paraderollen aufeinander: Josefine Preuß war als junge freche Göre aus der ARD-Serie "Türkisch für Anfänger" bekannt, Leonard Lansink darf seine Grantler-Rolle als Privatdetektiv Wilsberg ohnehin nur in Maßen variieren. In dem Film "Im besten Alter" treffen die beiden erneut zusammen, und selbstredend erwartet man wieder eine Komödie. Weit gefehlt: Die Handlung hat zwar komische Momente, bietet in erster Linie jedoch melancholische Betrachtungen über Lebensentwürfe im Ruhestand.

Josefine Preuß passt da auf den ersten Blick nicht hinein, doch die junge Frau, die sie spielt, verkörpert gewissermaßen den Anlass, der die Herrschaften dazu bringt, ihre Haltungen zu überdenken: Eines Tages fischen die beiden Freunde Fred (Lansink) und Klaus (Paul Faßnacht) eine Schiffbrüchige aus dem Wannsee. Franziska ist angeblich auf den See hinausgerudert, um ihre Situation zu überdenken: Sie ist hochschwanger, der Vater des Kindes hat sie sitzen gelassen, der Kontakt zu den Eltern ist abgebrochen, Arbeit sie auch keine. Klaus, der zu seinem Leidwesen keine eigenen Kinder hat, adoptiert Franziska kurzerhand und heimlich. Erotische Motive sind nicht im Spiel, zumal die junge Frau offenbar das Ergebnis eines zwanzig Jahre zurückliegenden einmaligen Fehltritts ist. Fred dagegen wahrt lieber Distanz und beobachtet Klaus’ wachsende Zuneigung mit zunehmender Skepsis. Trotzdem setzt er sogar die eigene Ehe aufs Spiel, um den Freund zu decken.

Männlicher Frohsinn und frauliche Melancholie

Während die Männer ihren Lebensabend dem gemeinsamen Segelboot widmen, vertreiben sich ihre Frauen Hanne (Charlotte Schwab) und Mary-Lou (Peggy Lukac) die Zeit auf dem Golfplatz. Als sie einen etwas mürrischen älteren Herrn aufgabeln, beschließen sie ihrerseits ebenfalls eine Adoption. Hanne lernt auf diese Weisen einen Altenpfleger kennen, der ihre Leidenschaft für ferne Länder teilt; Gatte Fred will dagegen lieber zuhause bleiben.

Die Vorzeichen scheinen zunächst klar verteilt: hier die Ebene mit Lansink und Fassnacht als Freunde, die das Leben genießen und selbst gegen die eigene Überzeugung gemeinsam durch Dick und dünn gehen; dort die unzufriedenen Gattinnen, die vom Leben mehr erwarten als Grillabende zu viert, ein kühles Bier und ihre Ruhe. Die große Qualität des Drehbuchs (Wolfgang Stauch) liegt darin, die vermeintlich festgelegte Verteilung von männlichem Frohsinn und fraulicher Melancholie unmerklich zu hinterfragen. Erst am Ende zeigt sich, dass die Damen ohnehin die ganze Zeit die Fäden in der Hand hielten. Zwischendurch wünscht man sich ein bisschen mehr Tempo (Regie: Felicitas Darschin), aber der Film ist nun mal keine Komödie; selbst wenn einige der Hauptdarsteller ausgemachte Komödianten sind. Gerade Paul Faßnacht aber hat viel Gelegenheit, die ganze Tiefe seiner Figur auszuloten. Und sehenswert sind sie ohnehin alle, selbst wenn sie ihr komisches Potenzial bremsen müssen.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).