Streit um Schnaps-Einräumer: Wie weit geht Religionsfreiheit?
Ein muslimischer Supermarktmitarbeiter darf sich aus Glaubensgründen nicht weigern, alkoholische Getränke in Regale einzuräumen. Er darf aber auch nicht gezwungen werden.

Im konkreten Fall wurde dem Kläger, einem muslimischen Beschäftigten eines Supermarktes in Schleswig-Holstein, gekündigt, der in der Firma seit 1994 arbeitete. Er hatte sich geweigert, Wein, Bier und andere Spirituosen in die Regale zu stellen. Zuerst wurde er bei einer Autowaschstraße, später in der Frischwaren- und auch in der Getränkeabteilung eingesetzt. Als er abermals in der Getränkeabteilung arbeiten sollte kam es zum Streit.

Das Auffüllen der Regale mit alkoholischen Getränken sei ihm verboten, betonte der Muslim. Sein Glauben verbiete ihm jeglichen Umgang mit Alkohol. Er habe nicht damit rechnen können, dass er in Kontakt mit alkoholischen Getränken komme. Die Kündigung hielt er für unwirksam und berief sich auf seine im Grundgesetz geschützte Religionsfreiheit. Außerdem habe sein Arbeitgeber nicht dargelegt, warum er nur in der Getränkeabteilung beschäftigt werden könne.

Weisungsrecht oder Religionsfreiheit?

Im Einzelfall müsse hier das Grundrecht auf Religionsfreiheit zurückstehen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am Donnerstag verkündeten Urteil. Grundsätzlich stelle ein solches Verhalten eine "beharrliche Arbeitsverweigerung" dar, die eine Kündigung rechtfertige. Könne der Arbeitgeber den Beschäftigten jedoch auch anders einsetzen, dann dürfe er sich nicht über dessen religiöse Belange hinwegsetzen (AZ: 2 AZR 636/09).

Genau damit muss sich das Landesarbeitsgericht erneut befassen, denn das BAG verwies das Verfahren zurück an die Vorinstanz. Die obersten Arbeitsrichter betonten aber, dass der Arbeitgeber ein Weisungsrecht gegenüber seinen Beschäftigten habe. Dieses dürfe er nur in "billigem Ermessen" ausüben. Könne der Arbeitsplatz auch mit einem anderen Beschäftigten besetzt werden, sei die Kündigung des muslimischen Beschäftigten unwirksam. Hier greife die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit.

Andererseits könne sich der Arbeitgeber auf sein Grundrecht der unternehmerischen Freiheit und der Berufsfreiheit berufen. Ihm sei es nicht zuzumuten, dass er sämtliche Betriebsabläufe umstellt, weil ein Mitarbeiter aus religiösen Gründen die Arbeit verweigere.

epd