Nun ist es nicht gerade neu, dass die Römer die Fundamente für unsere westliche Zivilisation gelegt haben. Wir verdanken ihnen die Grundzüge unseres Rechtssystems, und die Aquädukte der Römer gelten auch heute noch als Meisterwerke der Ingenieurskunst. Weeber will aber zeigen, dass auch in der Politik die Römer schon mit den strategischen Waffen des 20. Jahrhunderts gekämpft haben.
So wird Kaiser Augustus zum Meister "der politischen PR-Arbeit". Dem Schlächter der Bürgerkriege gelingt es, sich später als Begründer und Hüter der Pax Romana zu inszenieren. Bei der Begründung der weltumspannenden römischen Ideologie durch den Großneffen von Gaius Julius Caesar (im Bild unten eine Augustusplastik, die 1961 bei Ausgrabungsarbeiten in Mainz gefunden wurde / Foto: dpa) wird nicht zufällig auch Rom erstmals als "Ewige Stadt" apostrophiert.
Von Seneca bis Helmut Schmidt
Weeber liebt es, mit den Augen der modernen Zeit auf Rom zu blicken - etwa wenn er von den "spin doctors" des Augustus spricht oder Seneca zum "Helmut Schmidt der Philosophie", erklärt. Da schießt er manchmal übers Ziel hinaus. Er schafft es jedoch, die römische Herrschaftsidee anschaulich zu machen. Bei den Prinzipien der Zurschaustellung von Macht hat sich bis heute wenig verändert. Dazu gehört das "Schauen und Staunen" (spectare et mirari), mit der Rom zur Glitzermetropole ausgebaut wird, oder das Prinzip der "Brot und Spiele" (panem et circenses), die das Volk bei Laune hielten. Schon die römische "Reality-Show" habe in den Arenen auf die Macht der Bilder gesetzt, stellt Weeber fest.
Sein Buch ist lehrreich und unterhaltsam zugleich - Weeber verkneift sich auch nicht einen Seitenhieb auf Guido Westerwelle, der im vergangenen Jahr mit seiner Warnung vor der "spätrömischen Dekadenz" und dem "anstrengungslosen Wohlstand" Furore machte. "Dummes Zeug", meint Weeber. In Rom konnte nur eine kleine Schicht von den Zinseinkünften leben - der Rest musste hart malochen. Und die Zeit, um sich im Colosseum zu vergnügen, war sehr begrenzt.
Spätrömische Dekadenz? Blödsinn
Weeber will die römische Herrschaft nicht idealisieren - ohne Sklaven hätte sie ohnehin nicht so lange überlebt. Was Rom aber auch für andere Völker attraktiv machte, war die Toleranz und Offenheit gegenüber dem Fremden. Die Römer hatten auch nie ein Problem, sich in der Literatur, Philosophie oder Religion bei den Griechen zu bedienen. Schließlich wohnten in Rom selbst viele Griechen und Angehörige anderer Völker - eine Stadt voller Migranten. Von der römischen "Leitkultur" könne man durchaus lernen, meint Weeber.
Lesetipp - Karl-Wilhelm Weeber: Rom sei Dank! Warum wir alle Cäsars Erben sind, Frankfurt a.M.2010. Eichborn Verlag, Die Andere Bibliothek, 408 Seiten, 22,95 Euro.