Gaddafi meldet sich mit Regenschirm zu Wort
Wie lange kann sich der libysche Staatschef noch halten? Auch wenn loyale Sicherheitskräfte die Gegner von Muammar al-Gaddafi weiter unerbittlich verfolgen, bröckelt doch dessen Machtbasis. Die Weltgemeinschaft ist ob der Brutalität in Libyen schockiert. Der Sicherheitsrat kommt noch heute zu einer Sondersitzung zusammen.

Skurril bis zuletzt: Der libysche Staatschef Gaddafi hat sich erstmals seit Beginn der Unruhen in seinem Land zu Wort gemeldet. Er trat offensichtlich Gerüchten entgegen, er habe Libyen verlassen. Im Staatsfernsehen sagte er in der Nacht zum Dienstag: "Ich bin in Tripolis und nicht in Venezuela."

Während der nur wenige Sekunden langen Aufnahme, die wie ein Comedy-Sketch wirkt, hält Gaddafi einen geöffneten Regenschirm über sich. Er sitzt in einem alten beigen Auto, die Tür ist geöffnet, ein Mitarbeiter hält ihm ein Mikrofon hin, in das er hineinmurmelt. Er habe mit den Jugendlichen auf dem Grünen Platz in Tripolis reden wollen, aber dann habe es angefangen zu regnen, zitiert der arabische Sender Al-Dschasira aus der kurzen Rede.

Unterdessen setzen sich immer mehr Verbündete von Gaddafi ab. Nachdem am Montag zahlreiche libysche Diplomaten aus Protest gegen den Einsatz von Gewalt gegen Demonstranten ihren Rücktritt erklärt hatten, sagen sich nun nach Angaben der Opposition auch immer mehr Stämme von ihm los.

"Nun geh doch endlich"

In der Nacht zum Dienstag riet ihm auch sein ehemaliger Vertrauter Nuri al-Mismari dazu, den Kampf gegen die Aufständischen aufzugeben. "Du siehst doch, dass dich das Volk nicht will, nun geh doch endlich", sagte er im arabischen TV-Sender Al-Dschasira.

Al-Mismari, der Gaddafi viele Jahre lang wie ein Schatten überall hin begleitet hatte, hatte sich im vergangenen Jahr nach einer "Palastintrige" nach Frankreich abgesetzt.

Die staatliche libysche Nachrichtenagentur Jana sendet schon seit etlichen Stunden keine Nachrichten mehr. Der Strom der verwackelten Video-Bilder aus Libyen, die Oppositionelle in den vergangenen Tagen ins Netz gestellt hatten, ist weitgehend versiegt, nachdem Telefonverbindungen gekappt worden waren.

Bei dem Versuch, die Proteste niederzuschlagen, hatten Sicherheitskräfte nach Medienberichten allein am Montag mehr als 150 Menschen getötet. In Bengasi sollen etwa 400 Menschen ums Leben gekommen sein. Nachprüfbare Angaben über die Zahl der Todesopfer gibt es nicht.

UN-Sicherheitsrat tagt hinter verschlossenen Türen

Die Lage in Libyen ruft den UN-Sicherheitsrat auf den Plan. Das höchste Gremien der Vereinten Nationen kommt am Dienstag zu einer Sitzung hinter verschlossenen Türen zusammen. Das teilten die Vereinten Nationen in der Nacht mit. Das Treffen soll um 9 (Ortszeit/15 Uhr MEZ) beginnen.

Ein Transportflugzeug des österreichischen Bundesheeres flog in der Nacht 62 EU-Bürger aus Libyen aus. Die Maschine ist nach Angaben der Nachrichtenagentur APA mit Stunden Verspätung gegen Mitternacht in Malta gelandet. Von den 62 Passagieren waren neun Österreicher, einige Deutsche, Franzosen und Niederländer. Auch sieben Kinder waren an Bord.

Der Abflug hatte sich immer wieder verzögert, da die Passagiere, vorwiegend Geschäftsleute, nicht zum Flugzeug vorgelassen wurden. Zuletzt hatte es aus dem Verteidigungsministerium geheißen, der gesamte Luftraum sei gesperrt.

dpa