TV-Tipp: "Tatort: Rendezvous mit dem Tod" (ARD)
Weil zur gleichen Zeit eine Frau verschwindet und ein Mann tot in seiner Wanne gefunden wird, bietet sich Keppler und seiner Kollegin Saalfeld die Gelegenheit, getrennt zu ermitteln.
18.02.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Tatort: Rendezvous mit dem Tod", 20. Februar, 20.15 Uhr im Ersten

Natürlich ist es nur ein Spiel, schließlich wäre es längst durch die Presse gegangen, wenn Martin Wuttke beim "Tatort" aussteigen sollte. Trotzdem gibt die Leipzig- und Saalfeldmüdigkeit von Andreas Keppler der Geschichte Episode eine zusätzliche Würze. Der Hauptkommissar, ohnehin ein Einzelgänger, kann auf diese Weise noch eigenbrötlerischer agieren, denn selbstredend sind die Kollegen entsprechend pikiert, als sie erst von Dritten erfahren, dass er sich für eine Stelle in Wiesbaden bewirbt.

In gewisser Weise knüpft das Drehbuch (Clemens Schönborn, Meike Hauck) auf diese Weise an die ersten Folgen an, als der Ermittler fast autistisch wirkte. Noch besser ist allerdings die Idee, Kepplers Abwanderungsgedanken in den Fall zu integrieren. Oder richtiger gesagt: in die Fälle. Weil zur gleichen Zeit eine Frau verschwindet und ein Mann tot in seiner Wanne gefunden wird, bietet sich Keppler und seiner Kollegin Saalfeld (Simone Thomalla) die Gelegenheit, getrennt zu ermitteln. Im Büro verrückt Saalfeld erst mal ihren Schreibtisch, um auch auf diese Weise auf Distanz zum Ex-Gatten zu gehen.

Die beiden Fälle hängen doch zusammen

Die ganze Raffinesse des Drehbuchs eröffnet sich jedoch erst mit dem Finale, wenn sich rausstellt, dass die beiden Fälle doch miteinander zusammen hängen. Dass sich der oder die Mörder unter den verschiedenen Befragten befinden, ist ebenfalls keine Überraschung, schließlich werden prominente Gastdarsteller nicht engagiert, damit sie beim Kurzauftritt ein Alibi aufsagen. Aber wie das Drehbuch die beiden lange unverbunden nebeneinanderherlaufenden Erzählstränge am Ende miteinander verknüpft, ist ein kleiner Knüller.

Die Krimihandlung ist sowieso nicht ohne. Während Saalfeld nach Spuren der vermissten Carla Schütz sucht, die offenbar ins Wasser gegangen ist, und im Internetdienst "50plus" auf ihre Männerbekanntschaften stößt, durchleuchtet Keppler das Privatleben des auf äußerst grausame Weise ermordeten Mannes aus der Wanne. Dessen Ex-Gattin (Renate Krößner) hätte ebenso ein Motiv wie die deutlich jüngere Geliebte (Nadeshda Brennicke), eine Klavierlehrerin, die er zur Abtreibung des gemeinsamen Kindes gezwungen hat. Eine weitere männliche Wannenleiche deutet auf eine Mordserie; und schließlich gerät Keppler selbst in Lebensgefahr.

Mindestens so reizvoll wie die beiden Fälle und die Verbalscharmützel zwischen dem Ermittler-Team sind jene Szenen, die den verschiedenen Darstellern Gelegenheiten für ein Solo geben. Wunderbar gespielt ist beispielsweise das Duett, als Keppler den Tatort analysieren will und die Ex-Frau des Toten ihn nicht nur mit Kommentaren nervt, sondern auch unverhohlen anflirtet. Die optischen Ausrufezeichen setzt Regisseur Buddy Giovinazzo zwar sparsam, aber um so effektvoller ein, etwa, als Keppler mit Hilfe einer Speziallampe das Wort "Mörder" entdeckt. Ein echter Gruselmoment sorgt mitten im ohnehin spannenden Thriller-Finale für Gänsehaut, als Keppler unversehens auf die Leiche jener Frau stößt, die im Prolog ermordet wird. Dass es sich dabei jedoch keineswegs um Carla Schütz handelt, hat sich das Autorenteam ganz schön perfide ausgedacht.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).