Guttenberg immer stärker unter Erklärungsdruck
Nach der Absage eines öffentlichen Auftritts wächst der Druck auf Minister Karl-Theodor zu Guttenberg, sich zu den immer zahlreicheren Plagiatsvorwürfen in seiner Doktorarbeit zu äußern.

Am Donnerstagabend hatte Guttenberg mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt gesprochen. Nähere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. ZDF und ARD berichteten übereinstimmend, Merkel habe einige Erklärungen von dem Minister verlangt. Spekulationen in Medien über einen Rücktritt Guttenbergs erhärteten sich in der Nacht nicht.

Schavan warnt vor Vorverurteilung Guttenbergs

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat in der Diskussion um die Plagiatsvorwürfe gegen Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) vor einem vorschnellen Urteil gewarnt.

"Ich finde, auch Minister haben den Anspruch, nicht vorverurteilt zu werden", sagte Schavan der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagausgabe). Die stellvertretende CDU-Vorsitzende forderte die Öffentlichkeit zur Geduld bei der Überprüfung der Vorwürfe auf. "Die Universität Bayreuth wird den Vorgang prüfen. Kollege zu Guttenberg hat bereits eine erste Stellungnahme abgegeben."

Der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU), mahnte, "die Kirche im Dorf" zu lassen. "Ein materielles Plagiat kann ich nicht erkennen", sagte Schmidt dem "Hamburger Abendblatt" (Freitag-Ausgabe). Schmidt sagte, Guttenberg werde sich jetzt noch einmal hinsetzen und die Arbeit durchgehen. "Wenn die bisherigen Fußnoten nicht ausreichen, muss es eine zweite, verbesserte Auflage geben."

Uni Bayreuth stellt Ultimatum

Die Zahl der Autoren, von denen der CSU-Politiker abgeschrieben haben soll, ist inzwischen auf 15 gestiegen - darunter mit Rupert Scholz (CDU) einer seiner Amtsvorgänger. Die Universität Bayreuth forderte eine Stellungnahme von Guttenberg innerhalb von zwei Wochen. Die möglichen Konsequenzen der Hochschule reichen von der Aufforderung, die Doktorarbeit nachzubessern, bis zur Aberkennung des Doktortitels.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, legte dem Minister für den Fall, dass ihm der Titel aberkannt wird, den Rücktritt nahe. "Wenn ihm der Doktortitel abgenommen würde, dann müsste er auch das Amt verlassen", sagte Wiefelspütz dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag). "Mit diesem Makel kann man nicht mehr Minister sein. Das würde auch für jeden anderen gelten."

Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), fordert eine strenge, aber faire Prüfung der Plagiatsvorwürfe gegen zu Guttenberg und seine Dissertation. "Mit Vorverurteilungen ist uns nicht geholfen. Man muss sich den Fall im Detail anschauen. Nur wer das Gesamtbild hat, kann die Sache auch umfassend bewerten", sagte Wintermantel der "Passauer Neuen Presse" (Freitag). "Wenn bewusst oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden oder das geistige Eigentum anderer verletzt wird, ist eine Grenze überschritten", machte Wintermantel klar. Sollten sich die Vorwürfe gegen Guttenberg bestätigen, würde "seine fachliche Reputation erheblichen Schaden nehmen", sagte Wintermantel.

Guttenberg lässt Wahlkampftermin platzen

Guttenberg war am Mittwoch - also kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe - zunächst zu einem schon länger geplanten Truppenbesuch nach Afghanistan gereist. Nach seiner Rückkehr sagte er am Donnerstagabend kurzfristig einen Wahlkampfauftritt für die CDU in Sachsen-Anhalt ab. Im Ministerium hieß es, Guttenberg sei "in Berlin gebunden".

Die Doktorarbeit von Guttenberg wird nicht nur von Medien, sondern auch von Plagiatsjägern im Internet genau seziert. Mehr als 30 Fundstellen sind dort inzwischen aufgelistet. Guttenberg verwendete nach Angaben von "Spiegel Online" auch einen Absatz von der Webseite der US-Botschaft ohne Fußnote und bediente sich aus dem Beitrag eines CDU-Europaabgeordneten sowie aus einer Rede eines Jura-Professors. Zudem findet sich in der Dissertation eine Textpassage aus einem Aufsatz des Staatsrechtlers und ehemaligen Verteidigungsministers Rupert Scholz (CDU).

dpa