Die Pflicht zur Angabe der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kein Verstoß gegen die Grundrechte. Der EGMR wies am Donnerstag in Straßburg die Beschwerde eines 55-jährigen konfessionslosen Lektors aus München zurück. In seinem Fall standen auf der Lohnsteuerkarte statt der Konfessionsangabe nur zwei Striche: "--".
Diese Pflichtangabe sei zwar ein Eingriff in das Recht, seine religiösen Überzeugungen nicht preiszugeben, hieß es in dem Urteil. Doch sei dieser Eingriff "nach deutschem Recht gesetzlich vorgesehen und verfolgte den legitimen Zweck, das Recht der Kirchen und Religionsgemeinschaften auf Erhebung der Kirchensteuer zu gewährleisten".
Straßburg folgt der Argumentation der Bundesregierung
Der Kläger sagte der Deutschen Presse-Agentur, er werde gegen dieses Kammerurteil eine Berufung beantragen. Er betrachte die Pflicht, solche Angaben zu machen, nach wie vor als Verstoß gegen das Recht auf Religionsfreiheit und auf Achtung des Privatlebens. Hintergrund seiner Beschwerde ist, dass er als Homosexueller so seinen Protest gegen die Kirche äußert, die die homosexuelle Ehe ablehnt.
Die Straßburger Richter folgten wesentlich der Argumentation der Bundesregierung. Die Lohnsteuerkarte werde nicht öffentlich verwendet und "erfüllt keinen Zweck außerhalb des Verhältnisses zwischen dem Steuerpflichtigen und seinem Arbeitgeber oder dem Finanzamt". Beim Gerichtshof liegt die Schwelle zur Festellung einer Verletzung der Religionsfreiheit höher: beispielsweise, wenn die Behörden von dem Mann verlangt hätten, seinen Kirchenaustritt zu begründen. Doch der Lohnsteuer-Eintrag diene lediglich der Information.
Der Mann war zuvor mit seiner Forderung nach einer "neutralen" Lohnsteuerkarte ohne Hinweis auf die Religionszugehörigkeit vor deutschen Gerichten gescheitert. Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde des Mannes abgelehnt.