Hartz IV: "Acht Euro mehr" abgelehnt
Das Tauziehen um einen höheren Regelsatz für Millionen Hartz-IV-Empfänger geht weiter - der Ausgang ist offen. Ein geplantes Treffen wurde von Donnerstag auf Sonntag verschoben. Die Regierung lehnte den Vorschlag der Verhandlungsführer ab, den Regelsatz um acht Euro zu erhöhen.

Ein Kompromissvorschlag von drei Ministerpräsidenten, den Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger stärker als bisher geplant zu erhöhen, stieß bei den Bundestagsfraktionen von Union und FDP auf Ablehnung. Auch die Bundeskanzlerin ging dazu indirekt auf Distanz.

Nun soll ein Gespräch von Koalition und Opposition am kommenden Sonntagnachmittag die Lösung bringen. Ursprünglich war das Treffen bereits für diesen Donnerstag geplant, wurde aber wegen "Terminschwierigkeiten" auf Seite der Koalition verschoben.

Die drei Ministerpräsidenten Kurt Beck (Rheinland-Pfalz/SPD), Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt/CDU) und Horst Seehofer (Bayern/CSU) hatten vorgeschlagen, den Regelsatz trotz des Widerstands aus den Bundestagsfraktionen von Union und FDP stärker als geplant zu erhöhen, und zwar um 8 Euro auf 367 Euro monatlich. Dies wären 3 Euro mehr als bisher vorgesehen.

Regierungssprecher Steffen Seibert erteilte dem Vorschlag mit den Worten eine Absage, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe einen "gut berechneten Regelsatz vorgelegt". Deren Sprecher Jens Flosdorff betonte, es gebe "keine Notwendigkeit" für eine stärkere Anhebung. Aus der Union im Bundestag hieß es: "Für die Unionsfraktion ist klar, dass es am Regelsatz keine Veränderung geben wird."

FDP: Woher soll das Geld kommen?

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hatte die Initiative zu dem Dreiergespräch ergriffen, um die festgefahrenen Hartz-IV-Verhandlungen wieder in Gang zu bringen. Dabei habe es auch Fortschritte bei der bislang umstrittenen Finanzierung des Bildungspakets für Kinder aus armen Familien gegeben.

Die zusätzliche Erhöhung des Regelsatzes um drei Euro wird damit begründet, dass in die Berechnung auch die aktuelle Entwicklung der Einkommen einbezogen worden sei, sodass der Regelsatz nach oben angepasst werden könne. Zusätzlich ist im Gespräch, arme Familien mit Kindern bei Notfällen zusätzlich mit kleineren Summen zu helfen.

Auch die FDP stellte sich gegen eine zusätzliche Anhebung beim Regelsatz. "Der Regelsatz steigt um fünf Euro pro Monat - alles andere wäre Willkür", sagte FDP-Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger der "Bild"-Zeitung (Donnerstag). Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs warnte vor einem "Kompromiss zu Lasten Dritter". Wer über eine Anhebung der Regelsätze um mehr als 5 Euro spreche, müsse auch sagen, woher das Geld dafür kommen soll, sagte Fuchs dem Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstag).

Schwesinger: Alle müssen an einem Strang ziehen

Der Forderung nach Mindestlöhnen im Wach- und Sicherheitsgewerbe sowie in der Aus- und Weiterbildung will die Koalition dem Vernehmen nach entgegenkommmen, indem sie die beiden Branchen ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufnimmt. Bei der Gleichbezahlung von Leiharbeitern mit den Stammbeschäftigten gibt es wegen des Widerstands der FDP keine Annäherung. Diese Forderung der SPD scheint damit vom Tisch zu sein.

Für die Verhandlungsführerin der SPD, Manuela Schwesig, gehen die vorgelegten Kompromissvorschläge der drei Ministerpräsidenten "in die richtige Richtung". Sie habe sich dabei eng mit Beck abgestimmt, sagte sie im NDR. Wenn nun alle "an einem Strang ziehen", könne man "zu einem guten Ergebnis kommen".

Linken-Parteichef Klaus Ernst nannte den Vorschlag für ein Zusatzplus von drei Euro beim Regelsatz eine "Verabredung zum Verfassungsbruch" und kündigte rechtliche Schritte an. "Wir werden alles dafür tun, damit dieses Gesetz schnell wieder dort landet, wo es hingehört: vor dem Bundesverfassungsgericht." Die Linksfraktion im Bundestag unterstützt zudem den Antrag einer Hartz-IV-Bezieherin beim Sozialgericht in Nürnberg auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, um einen höheren Regelsatz durchzusetzen.

dpa