Protestwelle erreicht weitere muslimische Länder
Erst Tunesien und Ägypten, jetzt der Jemen, Bahrein und sogar der Iran. Die Proteste gegen herrschende Regimes in muslimischen Ländern greifen um sich.

Die Proteste gegen herrschende Regimes in der muslimischen Welt haben auch den Iran erreicht. Die iranische Polizei ging am Montag mit Tränengas und Farbkugeln gegen einen Protestmarsch der Opposition in Teheran vor. Nach unbestätigten Berichten kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften; mehrere Oppositionsanhänger wurden festgenommen.

Auch in anderen Ländern gingen wieder Menschen nach dem Vorbild Tunesiens und Ägyptens auf die Straße. In Bahrain gab es bei Zusammenstößen einen Toten und Verletzte, im Jemen dauerten die Proteste gegen die dortige Führung den vierten Tag in Folge an.

Teheran: Proteste auf dem Azadi-Platz

Die Regierungsgegner in der iranischen Hauptstadt Teheran waren in Richtung des Azadi-Platzes (Platz der Freiheit) losgezogen, um sich dort zu einem ähnlichen Protest wie die Ägypter auf dem Tahrir-Platz in Kairo zu versammeln. Prominente Oppositionspolitiker waren zuvor schon unter Hausarrest gestellt worden.

Auf Websites verbreitete die Opposition den Aufruf, dass nach den arabischen Führern nunmehr das Regime in Teheran an der Reihe sei, gestürzt zu werden. Da es der ausländischen Presse verboten ist, direkt von Protestveranstaltungen zu berichten, bleiben Websites der Opposition und Augenzeugenberichte die einzigen Quellen der reignisse.

Die Behörden in Teheran hatten die Demonstrationsanträge der "Grünen Welle", wie sich die vom früheren Regierungschef Mir Hussein Mussawi angeführte Opposition nennt, abgelehnt und mit Polizeieinsatz gedroht. Nach unbestätigten Berichten wurden sowohl Mussawi als auch der frühere Parlamentspräsident Mahdi Karrubi unter Hausarrest gestellt. Mussawis Haus sei von Polizeikräften umstellt worden. Mindestens 18 Oppositionsangehörige seien festgenommen worden. In einigen Stadtteilen wurde das Mobilfunknetz abgeschaltet, um die Kommunikation möglicher Demonstranten zu verhindern.

Jemen: "Das Volk will den Sturz des Regimes"

In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa demonstrierten am Montag etwa 2.000 Regierungsgegner. Sie riefen die gleichen Parolen, die in der vergangenen Woche auf dem Tahrir-Platz in Kairo zu hören gewesen waren und im des dortigen Präsidenten Husni Mubarak mündeten: "Das Volk will den Sturz des Regimes" und - an die Adresse von Staatspräsident Ali Abdullah Salih - "Verschwinde!".

Ihnen standen nach Angaben von Augenzeugen mehrere Hundert Gegendemonstranten gegenüber. Diese hielten erst Bilder des Präsidenten in die Höhe. Später gingen sie mit Messern und Stöcken auf die Regierungsgegner los. Es war bereits der vierte Tag in Folge, an dem im Jemen demonstriert wurde. Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete auch aus der Stadt Tais Anti-Regierungs-Proteste sowie Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei.

Ein Toter und zahlreiche Verletze bei Zusammenstößen in Bahrain

Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften im Golfstaat Bahrain wurde ein Mensch erschossen, mindestens 20 wurden verletzt. Oppositionelle hatten über das Internet zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen, worauf es in mehreren Orten Proteste gegen die Staatsführung gab. Bereits am Sonntag waren bei Zusammenstößen mehrere Menschen verletzt worden. Das arabische Königreich wird von einer sunnitischen Herrscherfamilie regiert, obwohl schiitische Muslime die Bevölkerungsmehrheit stellen.

Unterdessen warnte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) das Regime in Algerien vor weiterer Gewaltanwendung gegen Demonstranten. "Auch in Algerien haben die Menschen das Recht, für ihre demokratischen Anliegen zu demonstrieren", sagte Westerwelle in Berlin. Die Regierung in Algier müsse Versammlungs- und Meinungsfreiheit garantieren. Um diese Haltung der Bundesregierung zu erläutern, wurde der Botschafter Algeriens am Montag zu einem Gespräch ins Auswärtige Amt eingeladen.

In Jordanien, wo es jüngst ebenfalls Proteste gab, unterstrichen etwa 3.000 Stammesführer, Politiker, Geschäftsleute und andere Persönlichkeiten ihre Unterstützung für König Abdullah II. Die Legitimität der Herrscherfamilie gehe auf den Propheten Mohammed zurück, hieß es in einem Offenen Brief. Umwälzungen wie in Tunesien und Ägypten seien in Jordanien daher unmöglich.

dpa