Mubarak nun doch abgetreten - Militärrat übernimmt die Macht
Ägypten erlebt mit dem erzwungenen Abgang seines Staatschefs Mubarak eine historische Zäsur. In Kairo und im ganzen Land jubelt die Demokratiebewegung. Auch der Westen ist erleichtert. Doch ist die Übernahme der Macht durch das Militär wirklich ein Grund zur Freude?

Zeitenwende am Nil, Aufatmen in der westlichen Welt und die Frage nach der Rolle des Militärs: Nach fast 30 Jahren an der Macht hat der Druck der Straße den ägyptischen Staatschef Husni Mubarak in die Knie gezwungen. Vizepräsident Omar Suleiman erklärte am Freitag im staatlichen Fernsehen, Mubarak sei zurückgetreten und habe die Führung des Landes in die Hände der Streitkräfte gelegt. Mubarak selbst setzte sich laut Sicherheitskreisen aus Kairo nach Scharm el Scheich auf den Sinai ab.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich in Berlin sehr erfreut. "Wir sind alle Zeugen eines historischen Wandels", sagte sie am Freitag. Die Kanzlerin betonte, sie wünsche den Ägyptern eine Gesellschaft "ohne Korruption, Zensur, Verhaftung und Folter". Die Entwicklung in Ägypten müsse jetzt unumkehrbar gemacht und friedlich gestaltet werden. "Am Ende der Entwicklung müssen freie Wahlen stehen."

Nach Mubaraks Rücktritt übernahm am Abend der Oberste Militärrat unter dem bisherigen Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi die Macht. Das Oberkommando der Streitkräfte werde Regierung und Parlament entlassen, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Arabija. Der Militärrat wolle die Macht dann zusammen mit der Spitze des ägyptischen Verfassungsgerichtes ausüben. Eine Erklärung wurde für den Abend erwartet.

"Der schönste Tag meines Lebens"

Die ägyptische Opposition feierte die Entwicklungen des Tages mit lautem Jubel und Siegesgesängen. Auf dem zentralen Tahrir-Platz im Zentrum von Kairo tanzten und hüpften Hunderttausende Regimegegner unter ägyptischen Fahnen, wie Augenzeugen berichteten. "Das Volk hat das Regime gestürzt", skandierten Demonstranten. Oppositionspolitiker und Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei sagte laut BBC: "Das ist der schönste Tag meines Lebens."

Außenminister Guido Westerwelle erklärte in New York: "Wir freuen uns, dass der Weg frei ist für einen politischen Neuanfang." Die Bundesregierung sei bereit, im Rahmen einer engen Partnerschaft beim demokratischen Wandel zu helfen. US-Präsident Barack Obama wollte sich um 19.30 Uhr MEZ in Washington ebenfalls äußern. Medienberichten zufolge wurde er vorab über den erzwungenen Rücktritt informiert.

Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, gab sich von einer positiven Zukunft des Landes überzeugt. "Ich bin optimistisch, dass wir den richtigen Weg für Ägypten und das ägyptische Volk einschlagen werden", sagte der frühere Außenminister des Landes am Abend. Der Abgang Mubaraks bedeute, "dass wir erreicht haben, was das Volk gefordert hat".

Mit dem Hubschrauber in den Badeort

Am Donnerstag hatten die Demonstranten stundenlang hoffnungsvoll auf eine Erklärung Mubaraks gewartet und waren dann enttäuscht worden. Der 82-Jährige hatte nach fast 30 Jahren im Amt einen Rücktritt erneut abgelehnt. Dass Vizepräsident Omar Suleiman einen Teil der Vollmachten Mubaraks übernahm, ging der Opposition nicht weit genug.

Augenzeugen in Kairo hatten am Freitagmittag berichtetet, ein Hubschrauber sei vom Präsidentenpalast im Kairoer Stadtteil Heliopolis aus abgeflogen. Wenig später landete Mubarak im Badeort Scharm el Scheich. Mehrfach war in den vergangenen Tagen die Möglichkeit ins Spiel gebracht worden, dass sich Mubarak dorthin zurückziehen könnte.

Auch in Algerien könnte der Erfolg der Proteste die politische Führung des Landes in Bedrängnis bringen. Die Staatsspitze beorderte vor der geplanten Massendemonstration von Regimegegnern an diesem Samstag tausende zusätzliche Sicherheitskräfte in die Hauptstadt. Die Polizisten seien "bis an die Zähne" bewaffnet, am Freitag seien sie an Bord von Hunderten Bussen und Lastern in Algier eingetroffen, berichtete die Tageszeitung "El Watan" im Internet. Auch vor einem Krankenhaus und dem Pressezentrum seien etliche "kampfbereite" Sicherheitskräfte aufgefahren.

dpa