"True Grit" eröffnet Berlinale - Panahi schickt Botschaft
Die 61. Berlinale ist mit einer bewegenden Botschaft des iranischen Jurymitglieds Jafar Panahi eröffnet worden. Der Filmemacher konnte nicht zum Festival nach Berlin reisen, weil er zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufsverbot vorurteilt ist.
11.02.2011
Von Elke Vogel

Starkes, wuchtiges Antihelden-Kino zum Auftakt der 61. Berlinale: Mit ihrem für zehn Oscars nominierten Western "True Grit" (Echter Schneid) haben die amerikanischen Regiebrüder Joel und Ethan Coen am Donnerstagabend die Internationalen Filmfestspiele Berlin (bis 20.2.) eröffnet. Überschattet war die Eröffnungsgala vom Fehlen des iranischen Jurymitglieds Jafar Panahi.

Panahi schickt Botschaft

Der in seiner Heimat zu einer sechsjährigen Haftstrafe und 20 Jahren Ausreiseverbot verurteilte Regisseur schickte eine Botschaft, die Jurypräsidentin Isabella Rossellini verlas. Panahi schrieb unter anderem: "Die Wirklichkeit ist, dass mir ohne Prozess seit fünf Jahren das Filmemachen untersagt wird. Jetzt wurde ich offiziell verurteilt und darf auch in den nächsten 20 Jahren keine Filme realisieren."

Panahi weiter: "Aber sie können mich nicht davon abhalten zu träumen, dass in 20 Jahren die Verfolgung und die Einschüchterung durch Freiheit und freies Denken ersetzt sein wird". Am Freitag zeigt die Berlinale in einer Solidaritätsvorführung Panahis Film "Offside", für den er 2006 einen Silbernen Bären erhielt.

Am Eröffnungsabend waren auf dem roten Teppich vor dem Berlinale-Palast am Potsdamer Platz neben den Coens die furios spielenden Hauptdarsteller fast komplett versammelt: Jeff Bridges, der für seine Rolle als versoffener, Waffen schwingender Marshall Cogburn für einen Oscar als bester Schauspieler nominiert ist.

Hinzu kam die erst 14-jährige Hailee Steinfeld, die mit ihrem Spielfilmdebüt als eigensinnige Farmerstochter Mattie auf der Suche nach dem Mörder ihres Vaters Chancen auf einen Nebendarsteller-Oscar hat. Und Hollywoodschauspieler Josh Brolin, der den verschlagenen Mörder Chaney spielt, nach dem Mattie und Cogburn suchen. Nur Matt Damon, der als Ranger ebenfalls Jagd auf Chaney macht, fehlte. Er steckt in neuen Dreharbeiten.

"True Grit" läuft außer Konkurrenz

Mehr als 1.600 Gäste waren zu der von Anke Engelke moderierten Eröffnungsgala gekommen, darunter die versammelte deutsche Filmprominenz: zum Beispiel die Schauspieler Mario Adorf, Iris Berben, Heike Makatsch, Maria Schrader, Senta Berger und Veronica Ferres sowie die Regisseure Wim Wenders, Tom Tykwer, Andreas Dresen und Dani Levy. Der Jury, die über die Bären-Vergabe entscheidet, gehört auch die deutsche Schauspielerin Nina Hoss an.

Der Eröffnungsfilm "True Grit" ist ein Remake von "Der Marshall" mit John Wayne, der 1969 dafür einen Oscar bekam. "John Wayne war erstklassig", räumte Bridges im dpa-Interview ein. Er habe aber "nicht eine Minute" an Wayne gedacht, als er vor der Kamera stand. "Ich messe mich nicht an anderen", sagte Bridges. "Ich fand es toll, mich in diese Zeit zurückzuversetzen. Die Dialoge haben mich begeistert, auch wenn die Sprache und der Slang nicht ganz einfach waren." Mit Bridges, der schon der legendäre "Dude" im Coen-Film "The Big Lebowski" war, haben die Regisseure den perfekten Mann für die Rolle des starrsinnigen Eigenbrötlers Cogburn gefunden.

Der im Jahr 1872 im US-Staat Arkansas spielende Western ist kein typischer Coen-Film. Die sehr geradlinig erzählte, epische Geschichte ist trotz komischer Momente viel weniger zynisch und ironisch als frühere Coen-Werke. Nachdem Mattie den rüden Cogburn überredet hat, ihr bei der Mördersuche zu helfen, tauchen zwar alle typischen Western-Zutaten auf: Schießereien und brutale Kämpfe, Begegnungen mit Indianern, ein durch den Fluss schwimmendes Pferd und jede Menge beeindruckende Landschaft. Doch die Coens ("No Country for Old Men", "Burn After Reading") lassen dieses Mal echte Gefühle zu und auch ein bisschen Romantik und Poesie.

"True Grit" läuft außer Konkurrenz und hat deshalb keine Aussicht auf eine Berlinale-Trophäe. Im Rennen um den Goldenen und die Silbernen Bären sind 16 Produktionen aus aller Welt. Auch zwei deutsche Regisseure sind dabei: Dokumentarfilmer Andres Veiel ("Black Box BRD") zeigt "Wer wenn nicht wir" über die Vorgeschichte der RAF. Ulrich Köhler ("Montag kommen die Fenster") geht bereits am Samstag mit dem Entwicklungshelfer-Drama "Schlafkrankheit" an den Start.

Knapp 400 Filme aus 58 Ländern zeigt die Berlinale. Mit 300.000 frei käuflichen Kinotickets ist sie das größte Publikumsfestival der Welt. Stars wie Vanessa Redgrave, Madonna, Colin Firth, Helena Bonham-Carter, Gabourey Sidibe, Ralph Fiennes, Harry Belafonte und Liam Neeson werden erwartet. Am Freitag stellen Kevin Spacey und Jeremy Irons den Börsen-Thriller "Margin Call" von US-Regisseur JC Chandor vor.

dpa