Am Freitag kein Rindfleisch essen spart zwei Kilo Kohlendioxid, fünf Kilometer mit dem Fahrrad oder mit der Bahn fahren statt mit dem Auto spart ein Kilo CO2, und auf 500 Recycling-Papierbögen drucken statt auf Frischfaserpapier spart zehn Kilo Kohlendioxid. So rechnet es die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKD) für ihre Kampagne "Klimawandel-Lebenswandel" vor. Mehrere tausend Gutscheinhefte hat sie drucken lassen, in denen sie zeigt, wie sich auf mehr als 20 verschiedenen Wegen Energie sparen lässt.
Im Supermarkt keine Plastiktüte mitnehmen, den elektrischen Wasserboiler vom Netz nehmen und abschaltbare Steckdosenleisten nutzen zum Beispiel. Die "Mitmach-Gutscheine" sollen die Menschen an das Landeskirchenamt schicken oder online ausfüllen. Kilo für Kilo kommen so zusammen. Das Ziel: Bis zum Erntedankfest am 2. Oktober soll eine Million Kilo Kohlendioxid weniger in die Luft gelangt sein.
Denn "enkel- und klimaverträglich wären zwei Tonnen CO2 pro Kopf eines jeden Erdenbürgers im Jahr", heißt es in der Broschüre. Momentan seien es jedoch fünf Tonnen und in Deutschland sogar mehr als zehn Tonnen pro Kopf und Jahr. "Am beliebtesten ist bisher die Aktion 'Fleischlos am Freitag'", sagt Annelie Hollmann vom Landeskirchenamt der EKM. Vermutlich stehe vielen Menschen diese christliche Tradition sehr nahe.
Bisheriger Favorit: "Fleischlos am Freitag"
Dass die Kirche derart aktiv der Klimaerwärmung entgegenwirken möchte, ruft ein geteiltes Echo hervor. "Wir bekommen begeisterte Anrufe und auch viel Kritik", sagt Hollmann. Einige Menschen sehen eine "Sehnsucht gestillt" und sagen: "Endlich erkenne ich meine Kirche wieder." Andere dagegen zeigten sich enttäuscht über die politische Aktivität der Kirche - Hollmann weiß das zum Beispiel von Anrufen im Landeskirchenamt. Auch Kommentare im Internet sind betont kritisch. Einige werfen der Kirche sogar vor, "dass sie sich vor den propagandistischen Karren der Klimamafia spannen" lasse.
Besonders in der Kritik steht die Tatsache, dass die EKM mit einem Öko-Stromanbieter kooperiert und zum Anbieterwechsel aufruft. "Hier kommt oft die Frage: Darf die Kirche Werbung machen?", erzählt Hollmann. Denn durch die Kooperation bekomme die EKM für jeden Stromwechsler einmalig 25 Euro und für jedes weitere Jahr nach dem Wechsel zehn Euro. "All dieses Geld fließt in einen Energieberatungsfonds, der den Gemeinden bei klimafreundlichen Baumaßnahmen wie Wärmedämmung oder einer Solaranlage helfen soll."
987.200 Kilo Kohlendioxid fehlen noch
Dem Vorwurf, die Kirche wage sich zu weit in das Hoheitsfeld der Politik, entgegnet Hollmann: "Wir engagieren uns gesellschaftlich und sehen uns nicht als grüne Politiker." Der Klimawandel werde schließlich als einer der größten Herausforderungen in den nächsten Jahren gesehen. "Da wollen wir auch unseren Beitrag leisten und einen Bewusstseinswandel anregen."
Die EKM rechnet mit etwa 5.000 Teilnehmern und 400 Stromwechslern. Bislang haben sich rund 20 Menschen an der Klimakampagne beteiligt, etwa genauso viele den Stromanbieter gewechselt und online rund 12.800 Kilo CO2 eingespart (Stand 8. Februar 2011). Fehlen also nur noch 987.200 Kilo Kohlendioxid bis zum großen Eine-Million-Ziel.
Anja Hübner ist Mitarbeiterin bei evangelisch.de und freie Journalistin in Mainz und Frankfurt am Main.