Reformdruck auf ägyptische Regierung nimmt zu
Nicht nur die Demonstranten in Kairo und anderen ägyptischen Städten machen weiter Druck - auch international wird der Ruf nach einem echten demokratischen Wandel am Nil lauter. Und schnell soll es gehen.

Bei der Umsetzung der versprochenen Reformen in Ägypten drücken die Opposition im Land und die internationale Gemeinschaft aufs Tempo. Der Wandel müsse kommen, "je früher, desto besser", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Dienstag nach einer Unterredung im Sicherheitsrat in New York. US-Vizepräsident Joe Biden forderte von seinem ägyptischen Amtskollegen Omar Suleiman "sofortige Taten". Gemeinsam mit der Opposition müsse eine Strategie und ein Zeitplan für einen geordneten Übergang zur Demokratie entwickelt werden. Ägyptens Oppositionelle hatten zuvor erneut zu Hunderttausenden deutlich gemacht, dass sie neben Reformen auch weiter den Rücktritt von Präsident Husni Mubarak erzwingen wollen.

USA fordern sofortige, unumkehrbare Fortschritte

In einem Telefonat mit Suleiman forderte Biden nach Angaben des Weißen Hauses am Dienstag sofortige, unumkehrbare Fortschritte. Suleiman sei zudem aufgefordert worden, den Ruf des ägyptischen Volkes nach Demokratie zu akzeptieren. "Suleiman hat einige wenig hilfreiche Kommentare darüber gemacht, dass Ägypten nicht bereit für Demokratie sei und dass er kein Ende des Ausnahmezustands sehe", sagte Regierungssprecher Robert Gibbs. Der frühere ägyptische Geheimdienstchef hatte am Sonntag in einem Interview angedeutet, dass in seinem Land noch keine "Kultur der Demokratie herrsche". Solche Aussagenden seien "in diesem Prozess nicht akzeptabel", kritisierte Gibbs.

Auch Ban forderte eine rasche "geregelte und friedliche Umwandlung" in Ägypten. Die Demonstranten würden mit ihren Protesten ihre "deutliche Enttäuschung" ausdrücken. Die Regierung solle auf ihre "berechtigten Forderungen" hören, sagte der UN-Generalsekretär. Zuvor hatte auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton vor dem Sicherheitsrat einen umfassenden Wandel in Ägypten angemahnt. Wie für Tunesien gelte auch für Ägypten und andere Länder der Region, dass freie Wahlen allein nicht ausreichten, sagte die Britin in New York.

Proteste trotz neuer Mubarak-Zugeständnisse

Trotz weiterer Zugeständnisse der Regierung waren am Dienstag in Kairo und anderen ägyptischen Städten erneut mehr als 200.000 Menschen auf die Straßen gegangen und hatten den Rücktritt Mubaraks gefordert. Der 82-jährige Staatschef berief einen Ausschuss ein, der in den kommenden Wochen die ägyptische Verfassung überarbeiten soll. Nach Angaben von Vizepräsident Suleiman wird bereits an einem Fahrplan für einen friedlichen Machtwechsel mit festem Zeitplan gearbeitet. Auch von Seiten der Armeespitze hieß es, der Wandel müsse "geordnet" erfolgen.

Mit der Einberufung des Verfassungsausschusses kam der geschwächte Präsident einer weiteren Forderung der Opposition nach. Die benannten Richter und Juristen gelten weitgehend als unabhängig und glaubwürdig. Die Opposition will drei Verfassungsparagrafen ändern. Darin geht es um folgende Punkte: Die Bedingungen für eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl sollen gelockert werden, um auch Oppositionsvertretern die Bewerbung zu ermöglichen. Zweitens soll die Amtszeit des Präsidenten künftig beschränkt werden. Drittens will die Opposition eine bessere Kontrolle der Wahlen durch die Justiz.

dpa