Teure Lebensmittel: Millionen von Hunger bedroht
Die weltweiten Lebensmittelpreise haben nach UN-Angaben Ende Dezember ihren bisher höchsten Stand erreicht. Besonders treffen die Preissteigerungen die Menschen in Entwicklungsländern, denen nun Hunger droht.
07.02.2011
Von Eva Krafczyk

Era Vunyazi braucht die neuesten Zahlen der Weltagraroganisation FAO über den Rekordanstieg der Lebensmittelpreise nicht. Die Haushaltshilfe in der kenianischen Hauptstadt Nairobi merkt selbst, dass schon die Versorgung mit dem Notwendigsten immer schwieriger wird. "Im Dezember habe ich 5.000 Shilling (etwa 50 Euro) allein für Lebensmittel ausgegeben", klagt sie. Bei einem Monatseinkommen von 8.000 Shilling ist das mehr, als sie sich leisten kann - und viele Menschen in dem ostafrikanischen Land verdienen gerade einmal 5.000 Shilling im Monat.

"Die Preise für Zucker oder Mehl sind teilweise um 80 Prozent gestiegen", berichtet auch Julius Savakaji aus Nairobi ratlos. Gerade für Slumbewohner wie ihn sind die steigenden Lebenshaltungskosten dramatisch. "Zwei Kilo Maismehl haben vor ein paar Monaten noch 50 Shilling gekostet, jetzt sind es 85", rechnet er vor. "Für zwei Kilo Zucker zahlte ich 120 Shilling, nun sind es 200." Für Savakaji, der den vier ältesten seiner sechs Kinder eine höhere Schulausbildung ermöglicht, geht es bei solchen Preissteigerungen an die wirtschaftliche Existenz.

Ähnlich geht es Millionen Menschen gerade in Afrika - in den städtischen Slums ebenso wie in den Dörfern, wo alles, was aus den Städten herbeigeschafft werden muss, immer teurer wird. Die Summen für Mehl, Zucker, Brot oder Reis mögen, verglichen mit den Preisen in Europa, lächerlich gering erscheinen. Doch schon zuvor haben die meisten der afrikanischen Kleinverdiener mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel ausgegeben.

Dürre, Flut, politische Konflikte

Als ob die normalen weltweiten Preissteigerungen nicht reichen, droht Millionen Menschen in Afrika derzeit Hunger durch Dürre, Folgen von Flut oder politischen Konflikten. Nach den Weihnachtsferien sind tausende Kinder aus Viehzüchterfamilien im Nordosten Kenias nicht in die Schulen zurückgekehrt. Sie mussten ihren Eltern und deren Herden nach Äthiopien folgen, wo die Halbnomaden auf Weideflächen hoffen. Die Preise, die sie für ihre abgemagerten Ziegen, Schafe und Rinder auf dem Markt erzielen können, sinken dramatisch.

Auf den Feldern der Bauern verdorrt der Mais, in Kenia und den meisten ostafrikanischen Staaten das wichtigste Nahrungsmittel. "In diesem Jahr wird es nichts zu ernten geben", warnte etwa John Chelimo von der Bezirksverwaltung Mbeere im Norden Kenias. Allein in seinem Verwaltungsbereich seien 40.000 Menschen bis zur nächsten Ernte auf Hilfe angewiesen. Aus dem Norden Kenias und Ugandas gab es in den vergangenen Tagen Berichte über erste Hungertote. Für das von Dürre und Bürgerkrieg geplagte Somalia starteten die UN bereits einen internationalen Hilfsappell. Das kenianische Rote Kreuz geht allein in Kenia von 1,8 Millionen Hilfsbedürftigen aus.

"Das Leben wird immer teurer"

In westafrikanischen Ländern der Sahel-Zone dagegen leiden die Menschen noch immer unter den Folgen wochenlanger Fluten im vergangenen Herbst. Große Teile der Ernte in Niger, Benin, Teilen von Burkina Faso, Tschad oder Ghana wurden zerstört - entsprechend teuer sind die Lebensmittel, die in den Handel gelangen.

In der seit mehr als sechs Wochen von einer schweren politischen Krise gezeichneten Elfenbeinküste wiederum trägt die Ungewissheit über die Zukunft des Landes zu immer schneller steigenden Preisen bei. "Das Leben wird immer teurer", klagt ein Einwohner der Hafenstadt Abidjan. "Für Fleisch oder Reis muss ich viermal so viel bezahlen wie noch vor einigen Wochen, und ein Ende ist nicht in Sicht."

dpa