"Das Leben besteht nicht nur aus Erfolg und Preisen"
Glanz und Glamour bei der 46. Verleihung der Goldenen Kamera in Berlin. Und dazwischen ein zu Herzen gehendes Comeback, das auch zeigte, worauf es im Leben wirklich ankommt, schreibt unser Gastautor Markus Bräuer.
06.02.2011
Von Markus Bräuer

Roter Teppich, Blitzlichtgewitter und große Stars aus Europa und Hollywood - die Verleihung der 46. Goldenden Kamera am Samstag in Berlin zeigte bei Nominierten und den Preisträgern vieles, was im vergangenen Jahr durch Erfolg und Schönheit in der Filmbranche preiswürdig war. Von Michael J. Fox bis Armin Müller-Stahl, von Lena bis Gloria Gaynor.

Natürlich wurde auch des vor wenigen Tagen verstorbenen Filmproduzenten Bernd Eichinger gedacht. Vielen standen an diesem Abend die Tränen über den plötzlichen Tod im Gesicht und verwischten das Make-up. Dass Bernd Eichinger nach seinem Tod eine Goldene Kamera verliehen bekam, ehrt und würdigt den herausragenden deutschen Produzenten in besonderer Weise. Weshalb der Tote von dem aus Hollywood angereisten Freund Thomas Kretschmann auch direkt angesprochen werden muss: "... die ist für dich, Bernd!" finde ich merkwürdig. Gott für dieses große Leben zu danken und sich seinen Angehörigen und Freunden zuzuwenden, hätte für mich mehr Klarheit in unserem Verständnis von Tod und Leben gezeigt.

Der Preis an Lierhaus war eine gute Entscheidung

Die große Überraschung des Abends war aber der Auftritt von Monica Lierhaus. Vor zwei Jahren musste sich die erfolgreiche ARD-Sportmoderatorin einer Hirnoperation unterziehen. Komplikationen führten dazu, dass sie mehrere Monate im Koma lag. Nur sehr langsam gelang es ihr, wieder weitgehend selbstständig zu leben. Günter Netzer, ihr Sportreporter-Kollege war sichtlich gerührt, und fast versagte ihm die Stimme, als er Monica Lierhaus ankündigte. Langsam und sehr unsicher trippelte sie dann zum Pult in der Berliner Ullstein-Halle und hielt eine berührende Dankesrede auf Eltern und Schwester, ihren Lebenspartner und ihre Freunde, die ARD und alle, die ihr in den letzten zwei Jahren nahe standen.

Viele der Gäste freuten sich und waren gerührt, Monica Lierhaus wiederzusehen. Viele waren aber auch betroffen, weil doch die Spuren der Krankheit im Gehen, im Sprechen und im Aussehen erkennbar sind. War es eine gute Entscheidung, sie einzuladen, ihrem eigenen Wunsch zu entsprechen und ihr so öffentlich die Goldene Kamera zu verleihen? Ich sage: ja! Monica Lierhaus hat an diesem Abend daran erinnert, wie endlich unsere Gesundheit und unser Leben sind. Sie hat den vielen Hundert geladenen Gästen gezeigt, dass das Leben nicht nur aus Erfolg und Preisen besteht. Nach dem christlichen Menschenbild ist die Würde eines Menschen durch Krankheit oder Behinderung niemals eingeschränkt. Denn Gott sei Dank ist der Mensch mehr als seine Leistung.

Comeback mit Stolz

Eine enorme Kraft und eiserne Disziplin, Lebensmut und Glaubenshoffnung haben der engagierten Sportmoderatorin den Weg zurück auf die Bühne ermöglicht. Zunächst dachte ich selbst, ob den Zuschauern wirklich der unsichere Gang zum Pult zugemutet werden sollte. Ein Einspielfilm im abgedunkelten Saal hätte davon ablenken können. Aber auf den zweiten Blick war es richtig, auch die Zerbrechlichkeit und Hilfsbedürftigkeit zu zeigen, die ihre Bewegungen jetzt prägen und auch in der Stimme noch hörbar sind.

Mit ihrem stolzen "Da bin ich!" hat Monica Lierhaus dann für alle vollkommen überraschend ihrem langjährigen Lebenspartner auf großer Bühne und vor viereinhalb Millionen Fernsehzuschauern einen Heiratsantrag gemacht. An ihrem Mut und ihrer Kraft, sich ins Leben zurückzukämpfen, konnte ich mich von Herzen mitfreuen. Auch diejenigen, die sich im Saal die Hände vors Gesicht gehalten haben, weil sie an diesem Abend nicht Krankheit und Sorge sehen wollten, hat dieser Auftritt im Nachhinein vielleicht mehr berührt als viele der Stars in den Hauptrollen zuvor.

Ein Heiratsantrag ist für mich allerdings etwas so Privates, dass er nicht zur Verleihung der Goldenen Kamera gehört. Aber vielleicht wollte Monica Lierhaus den Anlass des Abends so aufnehmen, als ob ihr intimer Antrag im Drehbuch eines Hollywoodfilms stand.


Markus Bräuer ist Medienbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland.