"Die Frauenquote ist eine Frage der Gerechtigkeit"
Die Frauenquote für Führungspositionen ist wieder in aller Munde - in der Politik, der Wirtschaft und in der Kirche. EKD-Ratsmitglied Elke Eisenschmidt hat ihre eigene Meinung zum Thema und stellt sie auf evangelisch.de zur Diskussion.
05.02.2011
Von Elke Eisenschmidt

Diversität auf allen Ebenen, insbesondere auf Leitungsebenen, tut allen Organisationen gut. Diese Erkenntnis ist alt und wieder und wieder belegt worden. Ob in Wirtschaftsunternehmen, in Parteien oder in der evangelischen Kirche - Frauen in Führungspositionen weiten den Blick und potenzieren die Kreativität einer Organisation. Doch der Weg von dieser Erkenntnis zu echten Veränderungen der Leitungsstrukturen ist weit.

Wer will schon "Quotenfrau" sein?

Seit Jahren arbeiten Unternehmen und Organisationen mit freiwilligen Selbstverpflichtungen, um den Anteil der Frauen in Führungspositionen zu erhöhen - der Erfolg ist gering. Denn der Aspekt der Gendergerechtigkeit rückt in den Hintergrund, wenn es um ganz konkrete Machtfragen geht. Dann neigen homogene Gruppen eben doch dazu, homogen zu bleiben.

Wenn also wieder eine Stelle im Aufsichtsrat zu besetzen ist oder der nächste Abteilungsleiter gesucht wird, hält man nach jemandem Ausschau, der zur Gruppe passt. Sehr schnell ist dann der eine 50-jährige, weiße Mann gefunden, der für die Position wie gemacht scheint. Frauen sind anders und rücken gerade deswegen nicht in den Blick.

Diesem subtilen Wirkmechanismus will die Frauenquote etwas entgegensetzen. Sie ist ein Instrument, das den wohlwollenden Absichterklärungen Verbindlichkeit verleiht. Als Möglichkeit, Veränderung zu bewirken, ist die Quote zunächst also völlig neutral. Und doch ist die Diskussion um die Quote hochgradig emotional aufgeladen. Manche fürchten sich vor der Einengung ihrer Möglichkeiten, wenn sie sich auf Verbindlichkeiten einlassen. Insbesondere Frauen haben Angst vor einer Fortschreibung der Diskriminierung als belächelte "Quotenfrau".

Die Quote als Instrument überflüssig machen

Viel zu selten wird in der Quote eine echte Chance gesehen, unsere Gesellschaft und unsere Kirche ein Stück gerechter zu machen. Die Angst, als "Quotenfrau" der Lächerlichkeit preisgegeben zu sein, ist unbegründet: Wir wissen doch längst, dass Frauen hochqualifiziert und hochkompetent sind! Vielmehr ist es ein Armutszeugnis unserer Gesellschaft, dass wir eine Quote brauchen.

Es kommt nicht so sehr darauf an, warum man eine bestimmte Position erreicht - entscheidend ist, was man daraus macht! Dieses neue Selbstbewusstsein der "Quotenfrauen" brauchen wir - dann wird die Quote als Instrument schon bald wieder überflüssig.

Gerade unserer Kirche tut Diversität auf allen Ebenen gut. Und gerade hier haben wir es noch viel zu oft mit einer Wunschvorstellung zu tun. Darum sollten wir schleunigst sicherstellen, dass sich unsere Strukturen verändern. Denn es gibt viele Wege zu Gott - und eine ganze Menge davon sind weiblich.


Elke Eisenschmidt ist seit Oktober 2009 Mitglied im Rat der EKD und nennt als ihre persönlichen Schwerpunkte den Diskurs zwischen Glaube und Naturwissenschaften sowie die Jugend- und Bildungsarbeit der Evangelischen Kirche. Die promovierte Mathematikerin und arbeitet derzeit als Forscherin an der Universität Magdeburg.