USA arbeiten an Szenario für Mubaraks Rückzug
Die USA verhandeln mit hochrangigen Vertretern der ägyptischen Regierung über einen Rückzug von Präsident Mubarak - dieser lehnt einen Rücktritt aber weiter ab. Die Lage auf dem Tahrir-Platz ihn Kairo blieb in der Nacht relativ ruhig. Für heute kündigten die Regierungsgegner neue Proteste an.

Die USA dringen mit aller Macht auf eine Wende in Ägypten. Während Präsident Husni Mubarak weiter an seinem Amt festhält, laufen hinter seinem Rücken die Verhandlungen über eine Übergangslösung unter Beteiligung des Militärs. Nach einem Bericht der "New York Times" diskutieren die Regierung von Präsident Barack Obama mit ägyptischen Regierungsbeamten einen Vorschlag für einen sofortigen Rücktritt Mubaraks. In der US-Regierung hieß es, es würden mehrere Varianten für einen Machtwechsel mit den Ägyptern diskutiert.

Die Macht solle eine Übergangsregierung unter Vizepräsident Omar Suleiman an der Spitze übernehmen. Die Interimslösung solle die Unterstützung des Militärs haben, berichtet die "New York Times" unter Berufung auf Regierungsbeamte und arabische Diplomaten am Donnerstagabend (Ortszeit). Auch der Generalstabschef der ägyptischen Armee, Generalleutnant Sami Hafis Anan, und Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi stehen nach den Angaben hinter der Übergangsregierung.

Es sollten auch andere politische Kräfte eingebunden werden, einschließlich der Muslimbrüderschaft, schreibt das Blatt. Allerdings räumen die Regierungsbeamten ein, eine Lösung hänge von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von der weiteren Entwicklung der Proteste. Außerdem betonten sie, dass nicht direkt mit Mubarak verhandelt werde.

Mubarak lehnt Rücktritt weiter ab

Der US-Nachrichtensender CNN berichtete später unter Berufung auf den Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Tommy Vietor, dass US-Beamte mit den Ägyptern eine "Auswahl von unterschiedlichen Wegen" diskutierten, wie eine neue Regierung aussehen könnte. Vietor betonte: "Alle jene Entscheidungen müssen vom ägyptischen Volk getroffen werden".

Zu dem Bericht der "New York Times" sagte ein hoher Beamter der Obama-Regierung nach CNN-Angaben: "Es ist schlicht falsch zu berichten, dass ein einziger Plan mit den Ägyptern verhandelt wird".

Mubarak lehnt einen sofortigen Rücktritt aber bisher strikt ab. "Wenn ich heute zurücktrete, wird Chaos ausbrechen", sagte er dem TV-Senders ABC. Er hält sich nach Angaben des Senders im schwer bewachten Präsidentenpalast in Kairo auf.

13 Tote - Verantwortliche sollen bestraft werden

Unterdessen bot Vize Omar Suleiman der Opposition einschließlich der Muslimbruderschaft umfassende Verhandlungen an. Der neue ägyptische Regierungschef Ahmed Schafik kündigte eine Bestrafung der Verantwortlichen für die Angriffe auf Regimegegner und eine Untersuchung der Vorgänge auf dem Tahrir-Platz in Kairo an. Dabei wurden nach Angaben es Gesundheitsministeriums in den vergangenen Tagen 13 Menschen getötet.

Führende Oppositionelle, darunter der Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei und der ehemalige liberale Präsidentschaftskandidat Eiman Nur, verlangen als Bedingung für einen Dialog Mubaraks sofortigen Rücktritt. Suleiman drängte hingegen die Opposition zur Vorbereitung der Wahl eines Nachfolgers Mubaraks im August oder September. "Die Zeit drängt", sagte Suleiman in dem Fernseh-Interview. "Wir brauchen 70 Tage allein um die Verfassung zu modifizieren." Er erwähnte jene Verfassungsartikel, die derzeit eine freie Präsidentenwahl unmöglich machen. Die von der Opposition verlangte Auflösung des Parlaments lehnte er ab. Die Volksvertretung werde benötigt, um die Verfassungsänderungen auf den Weg zu bringen.

"Angespannte Atmosphäre" vor neuen Massenprotesten

Vor neuen Protesten nach dem Freitagsgebet hat in der Nacht in Kairo eine "angespannte Atmosphäre" geherrscht. Die Lage sei ruhig, berichtete eine Korrespondentin des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira weiter. Sporadisch seien Schüsse zu hören gewesen. Zu den neuen Protesten würden Hunderttausende erwartet.

Die Ausgangssperre missachtend verharrten in der Nacht auf dem zentralen Tahrir-Platz in der Hauptstadt Tausende von Gegnern von Präsident Husni Mubarak. Eine Demonstrantin sagte Al-Dschasira am frühen Morgen, die Regierungsgegner auf den Platz seien im Alarmzustand. Aber viele seien zuversichtlich, dass sie am Freitag mit neuen Massenprotesten ihr Ziel erreichen könnten: den Rücktritt Mubarak.

Reisewarnung für Kairo, Alexandria und Suez

Das Auswärtige Amt hat seine Sicherheitshinweise für Ägypten noch einmal verschärft und jetzt eine teilweise Reisewarnung ausgesprochen. "Aufgrund der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Ägypten wird vor Reisen nach Kairo, Alexandria und Suez gewarnt", teilte das Außenamt am Donnerstagabend in Berlin mit.

Diese ausdrückliche Warnung gilt aber nicht für die übrigen Landesteile einschließlich der Urlaubsgebiete am Roten Meer. Von Reisen in diese Regionen rät das Amt gleichwohl weiterhin dringend ab, was aber juristisch eine niedrigere Hinweisstufe ist.

Das Auswärtige Amt empfahl, eine Ausreise aus Kairo, Alexandria und Suez "ernsthaft in Erwägung zu ziehen, sofern dies sicher möglich ist". Dazu wird auf die Angebote der Fluggesellschaften verwiesen.

"Deutschen Staatsangehörigen wird nachdrücklich geraten, die Ausgangssperre strikt zu beachten und möglichst auch außerhalb der Sperrzeiten, insbesondere am Freitag, dem 4. Februar, in sicheren Unterkünften zu bleiben", heißt es weiter.

Die Botschaft in Kairo steht mit Rat und Beistand zur Verfügung und organisiere nach entsprechender Sicherheitsabschätzung im Rahmen des Möglichen gesicherte Konvois zum Flughafen.

dpa